von Rudolf Gelhard
Im Rahmen einer Verwaltungsreform wurde am 16.März 1974 die bis dahin zur Unterwesterwaldgemeinde Nauort zählende Gemeinde Stromberg in die Stadt Bendorf eingegliedert. Der Ortsbürgermeister der Gemeinde Stromberg R.Gelhard stellte mit nachfolgendem Aufsatz den neuen Stadtteil Bendorf-Stromberg im „Jahrbuch der Stadt Bendorf 1973“ der Öffentlichkeit dar.
Stromberg; auf einer alten Postkarten-Aufnahme
Nicht weit vom Rhein, dort wo die Ausläufer des Westerwaldes sich zu seinem Mittellauf hinabneigen, liegt Stromberg. Die Gemeinde grenzt unmittelbar an die Stadt Bendorf an. Eingebettet in weite Fluren sowie in herrliche Buchen- und Fichtenwälder bietet es seinen Besuchern und Gästen eine Oase der Ruhe und Erholung in unserer hektischen Zeit. Ein besonders fesselndes Landschaftsbild voll Eigenart, um nur eins zu erwähnen, bietet der historisch gewordene Telegraphenberg, der 5 Minuten vom Ort entfernt liegt und seinen Namen im Jahre 1832 dadurch erhielt, daß auf ihm ein preußischer Zeichentelegraph erbaut wurde. Es war damals die modernste Nachrichtenübermittlung, die dazu benutzt wurde, Meldungen aus der Residenzstadt Koblenz nach der Landeshauptstadt Berlin zu übermitteln. Es ist bezeichnend zu erwähnen, daß ein Zeichenbuchstabe bei guter Witterung die Strecke Koblenz-Berlin in 20 bis 30 Minuten durcheilte und eine kurze Meldung kaum mehr als eine Stunde benötigte. Bis 1849 war dieser Telegraph von den zwei Telegraphisten Pohl und Bennewitz besetzt. Hier wird der Besucher durch einen selten schönen Anblick über das Neuwieder Becken sowie nach Koblenz (Deutsches Eck mit Einmündung der Mosel in den Rhein), als auch über die vielen rechts- und linksrheinischen Orte bis weit hinein in die Eifel gefesselt. So können unsere Gäste bei kurzen Spaziergängen Erholung und Entspannung neben der Freude an eindrucksvollen Landschaftsbildern finden.
Die Geschichte Strombergs ist verhältnismäßig sehr alt. In der Zeit 1000 – 500 vor Christus war unsere Heimat von den Kelten besiedelt, die jedoch bald über den Rhein verdrängt wurden. Schon ungefähr 200 vor Christus siedelten sich Germanen bei uns an, welche sich nun in jahrhundertelangem Kampf dem Vordringen der Römer entgegenstemmten.
Nach Eroberung der linksrheinischen Gebiete überschritten die Römer im Neuwieder Becken den Rhein. Wie der Chronist berichtet, überbrückten römische Soldaten in unserer Gegend (Bendorf-Neuwied) im Jahre 55/53 vor Christus den Strom und errichteten in Bendorf ein römisches Kastell, welches damals das einzige auf der rechten Rheinseite war. Von hier aus war den Römern auch die Möglichkeit gegeben, weiter in das germanische Bergland (Westerwald und Taunus) vorzudringen.
Eine Optische Telegraphenstation der Linie Berlin-Köln-Koblenz (Postmuseums-Karte)
Nach der Varusschlacht im Teutoburgerwald (9 nach Christus) begannen die Römer ihr Reich zu sichern. Sie zogen eine sichtbare Grenze zwischen dem Römerreich und dem Germanenlande. Der Limes (Grenzwall) begann bei Rheinbrohl und endete bei Regensburg an der Donau. Seine Länge betrug 550 Kilometer. Er berührte auch unsere Heimat und durchschnitt das Brexbachtal. Heute sind die Überreste noch gut sichtbar (Römerturm). Germanen und Römer lebten länger als ein Jahrhundert friedlich zusammen, trieben Handel und lernten voneinander. Als Handelsgegenstände wurden von den Römern Wein, Saatgut, Gemüsesamen, Schmuck, Spielzeug für Kinder, rote Vasen und Oellampen angeboten. Hingegen tauschten die Germanen diese Dinge gegen blondes Frauenhaar, gelben Bernstein und zarte Felle um. Vielleicht blühte damals schon bei uns in Stromberg der Ackerbau. Womöglich begann man schon den Wald zu roden, um die Ernährungsgrundlage zu sichern, Es kann angenommen werden, daß in unserer Heimat (vielleicht auch in Stromberg) schon einzelne germanische Gehöfte und Dorfsiedlungen erstellt wurden. Ein Zeichen dafür ist, daß auf einem Waldwege nahe bei Nauort römisches Geld gefunden wurde. Nachrichten über unsere Heimat aus der ältesten Zeit sind sehr dürftig. Über die Besiedlung ist nur wenig zu erfahren, Nach dem Abzug der Römer sind die römischen Geschichtsquellen gänzlich versiegt. Im Jahre 375 nach Christus haben die Franken die, dem Rhein am nächsten gelegenen Täler des Westerwaldes in Besitz genommen und im (zum) ,,Engersgau“ zusammengeschlossen. Stromberg muß schon seit über 800 Jahren besiedelt sein. Daß dem so ist, beweist eine Urkunde des Erzbischofs Johann I. von Trier aus dem Jahre 1202, worin der Besitz von Gütern, die der Abtei Sayn von Heinrich II. von Sayn gestiftet waren, in Stromberg erwähnt wird. Ein päpstliches Privileg von 1208 bestätigt ausdrücklich, daß die Neubruchzehnten in Stromberg, soweit sie dem Grafen von Sayn zufielen, von den Grafen Heinrich und Eberhard von Sayn im Einvernehmen mit dem Diözesanbischof der Abtei gestiftet worden seien. In diesem Zusammenhang muß erwähnt werden, daß in Stromberg damals ein großes Allod der Grafen von Isenburg vorhanden war. Unter der Regierung „Jutta von Isenburg“ schenkte diese der Abtei Sayn im Jahre 1269 ein großes Allod in Stromberg, welches Ophusen genannt wurde, mit allen Häusern, Ländereien, Wald, Wiesen und Weiden. Dieser Besitz wurde im Jahre 1274 durch Erzbischof Heinrich von Trier ausdrücklich bestätigt.
Alte Kapelle von 1766
Im Jahre 1441 stand bereits eine Kapelle in Stromberg. Die Ortschaft Stromberg gehörte also seit ihrem Bestehen zu der Abtei Sayn bis zum Jahre 1815. Die Bewohner waren Lehens- und Zinsleute. Von Stromberg gehörten der Abtei Sayn im Jahre 1606 der Stromberger Hof und der Neubruchzehnt in Stromberg. Diese Besitzungen sollen 91 Morgen Ackerland und 7 Morgen Wiesen umfaßt hoben. Das Gut Stromberg der Abtei Sayn war von sechs Hofleuten gepachtet, die als Pacht von den Winterfrüchten die vierte und von den Sommerfrüchten die dritte Garbe zu zahlen hatten. Durch Landverteilung und Vertauschung kam Stromberg etwa im Jahre 1815 nach Nauort und wurde dort kirchlich und schulisch versorgt. Interessant in diesem Zusammenhang ist folgende Aufzeichnung:
Der nassauische Fiskus hatte von der Sayner Abtei-Pfarrei durch Verkauf von Grundgütern aus Stromberg mehr als 50.000 Gulden bezogen und in der Gemeinde Stromberg noch ein Areal von ungefähr 220 Morgen in Feld und Wiesen behalten, das später dem preußischen Fiskus anheimgefallen ist und 1867 für mehr als 900 Gulden verpachtet war. Dieser Besitz ist heute noch als Domäne-Land bekannt und hat eine Größe von ca. 200 Morgen.
Im Jahre 1843 wurde die schulische Trennung zwischen Nauort, Stromberg und Caan durchgeführt. Der Lehrer aus Caan hielt in Stromberg in einem von der Gemeinde Stromberg gemieteten Zimmer von Karl Rohre für den Betrag von 26 fl. Schule. Am 15. Juli 1886 wurde eine neue Schule in Stromberg eingerichtet und anschließend bezogen. Im Jahr 1921 wurde eine neue Kirche gebaut und 1957 eine neue moderne Schule mit anschließendem Jugendheim. Die im Jahre 1921 erbaute Kirche wurde 1963 im modernen Stil umgebaut und erweitert. Von 1961 bis 1963 baute die Gemeinde eine neue Ortskanalisation mit zentraler Kläranlage. Zur Sicherstellung der Wasserversorgung wurde ein Tiefbrunnen gebohrt. Schöne Sport-, Spiel- und Freizeitanlagen sind vorhanden.
Im Zuge der Verwaltungsreform des Landes Rheinland-Pfalz wurde dem Wunsche der überwiegenden Mehrheit der Stromberger Bevölkerung Rechnung getragen und durch das 12. Landesgesetz über die Verwaltungsvereinfachung im Lande Rheinland-Pfalz vom 1. März 1972 (GVBI. S. 109) für den Tag vor der Kommunalwahl 1974 die Eingemeindung Strombergs in die Stadt Bendorf beschlossen. Dies wird der 16. März 1974 sein.
Stromberg zählt heute 1.345 Einwohner, 435 Familien und 272 Häuser und hat eine Gemarkung von 197,5 ha.
Aus dem ehemaligen rein landwirtschaftlichen Ort ist heute ein reines Arbeiterdorf geworden. Die Bewohner gehen ihrem Broterwerb in erster Linie in Bendorf und Höhr-Grenzhausen nach.
Möge dem Ort Stromberg und seiner fleißigen, aber auch sich jedem Guten und Schönen zuneigenden Bürgerschaft viel Glück, auch nach der Eingemeindung in die Stadt Bendorf, beschieden sein.
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