Die Gießhalle der "Sayner Hütte"
Sayn
Der
nachfolgende
Aufsatz
ist
Teilaspekt
unserer
Seite zur Entwicklung der heimischen Industrie
Der nachfolgende Aufsatz ist erschienen in:
Mitteilungen
des
Rheinischen.
Vereins
für
Denkmalspflege und Heimatschutz.
8 Jahrg., (1936) S. 381 ff
von C. Pfitzner
Vorwort des Bearbeiters.
Wir
haben
diesen
Aufsatz
ausgewählt,
weil
er
exemplarisch
aufzeigt,
daß
die
Bemühungen
um
den
Schutz
technischer
Kulturdenkmäler,
nicht
eine
Erfindung
heutiger
Zeit
ist.
1936,
also
10
Jahre
nach
Schließung
der
"Sayner
Hütte"
macht
die
Abhandlung
deutlich,
daß
die
damaligen
Bemühungen
zum
Schutz
und
Erhalt
des
Kulturdenkmals
von
"Sayner
Hütte
-
Gießhalle"
in
erster
Linie
eines
langen
Atems
bedurften.
Ständig
vom
Abriß
bedroht,
konnte
sie
erst
ca.
50
Jahre
später,
in
letzter
Stunde
gerettet
werden.
Die
Abrißverfügung war schon erteilt.
Erst,
als
im
Jahre
1976
Herr
Heinrich
Strüder
aus
Sayn
den
Komplex
kaufte,
kam
Bewegung
in
die
Sache.
Mit
Beihilfen
von
Bund,
Land
und
Denkmalschutz-behörden
und
eines
Förderkreises
von
Privatpersonen
und
interessierter
industrieller
Kreise
zum
Erhalt
der
"Sayner
Hütte",
konnte
nach
und
nach
eine
grundlegende
Restaurierung
erfolgen.
Dankbar
muß
hier
bemerkt
werden,
daß
ohne
das
Engagement
des
Eigentümers
eine
Restaurierung
nicht
möglich
gewesen
währe.
Die
Erhaltung
der
Gießhalle
und
des
Hochofenbaus
ist
sicher
nur
deshalb
möglich,
weil
sie
als
Lager
und
Werkstätten benutzt werden.
Eine Besichtigung ist
möglich: siehe
touristische Ziele
Die Gießhalle der
"Sayner Hütte"
Die Sayner Hütte um
1830
Im
Jahre
1769
gründete
Clemens
Wenzeslaus,
der
letzte
Kurfürst
von
Trier,
"zum
Wohle
seiner
Unterthanen"
eine
Eisenhütte
am
Fuße
der
Sayner
Burg
am
Ufer
des
wasserreichen
Saynbaches,
dessen
Gefälle
die
verschiedenen
Poch-,
Hammer-
und
Blasräder
trieb.
In
den
beiden
Hochöfen
wurden
in
der
Hauptsache
Erze
aus
den
Horhauser
Gruben
geschmolzen,
die
bequem
in
das
Sayntal
gebracht
werden
konnten.
Trotz
wechselvoller
Schicksale
während
der
Franzosenzeit
blieb
die
Eisenhütte
als
Kameralgut
Eigentum
der
trierischen
Hofkammer
bis
1802,
kam
dann
an
Nassau
und
ging
im
Jahre
1815
in
preußischen
Besitz
über.
Die
Sayner
Hütte
wurde
damals
dem
Oberbergamt in Bonn unterstellt.
Die
Sayner
Hütte
nach
1844
Soweit
die
Vorgeschichte
der
Hütte,
deren
Blütezeit
nun
unter
preußischer
Verwaltung
erst
richtig
einsetzte.
Sie
wurde
gleich
nach
1815
durch
einen
königlichen
Erlaß,
wie
die
staatlichen
Gießereien
in
Berlin
und
in
Gleiwitz,
zu
einem
Musterbetrieb
ausgebaut
und
erweitert
und
pflegte
zunächst
den
künstlerischen
Eisenguß,
der
seit
Stilarskys
Verbesserungen
der
Gußtechnik
einen
ungeahnten
Aufschwung
genommen
hatte.
Schon
bald
beschäftigte
Sayn
eine
stattliche
Anzahl
bedeutender
Modelleure
und
Ziseleure
und
beteiligte
sich
höchst
erfolgreich
an
der
Herstellung
von
Ofen,
Denkmälern,
Gittern,
Zierbrunnen,
Medaillons,
Schmuckstücken
usw.,
unter
denen
vor
allem
die
sogenannten
Neujahrsplaketten
mit
Wiedergaben
hervorragender
rheinischer
Baudenkmäler
sich
besonderer Beliebtheit erfreuten.
"Neujahrs-Plakette"
der
Sayner Hütte zu 1818
Großes
Aufsehen
rief
am
Ende
der
1820er
Jahre
auch
die
äußerst
gelungene
Nachbildung
der
Igeler
Säule
hervor,
der
Goethe
sein
bekanntes
Lob
zollte.
Neben
der
Pflege
des
künstlerischen
Eisengusses
fiel
der
Sayner
Hütte
noch
eine
andere
Aufgabe
zu;
durch
seine
Lage
war
das
Werk
besonders
geeignet,
die
westlichen
preußischen
Garnisonen
mit
Geschützen
und
Munition
zu
versehen.
Bergrat
Schäffer,
dem
die
Leitung
der
Hütte
seit
der
preußischen
Übernahme
(bis
1854)
anvertraut
war,
führte
die
notwendigen
Erweiterungsbauten
durch.
So
wurde
in
den
Jahren
1820-24
das
Bohrwerk
für
die
Geschütze
angelegt.
In
den
folgenden
Jahren
bis
1830
wurde
die
große
Gießhalle
errichtet
nach
den
Entwürfen
des
Königlichen
Hüttenbauinspektors
Karl
Ludwig
Althans
(1788
bis
1864),
die
vor
100
Jahren
als
Wunderwerk
der
Technik
angestaunt
wurde
und
heute
ein
technisches
Kulturdenkmal
allerersten
Ranges
darstellt.
Nachdem
die
Sayner
Hütte
im
Jahre
1865
an
die
Firma
Friedrich
Krupp
veräußert
wurde,
zusammen
mit
der
daneben
gelegenen,
im
Jahre
1839
gegründeten
Maschinenfabrik,
legte
man
den
Hochofenbetrieb
still;
nur
die
Gießerei
wurde
weiterbetrieben.
In
den
Jahren
1907—09
erfolgte
der
Umbau
der
Maschinenfabrik
in
ein
Erholungsheim
für
Krupp'sche
Angestellte.
1926
wurde
auch
die
Hütte
stillgelegt;
sie
ging
im
Jahre
darauf
in
den
Besitz
der
Gemeinde
Sayn
und
nach
deren
Vereinigung
mit
der
Stadt
Bendorf
an
diese
über,
und
zwar
mit
der
Bedingung,
daß
die
Gießhalle
erhalten
bleibe.
Diese
Bedingung
entsprang
der
Einsicht,
daß
es
sich
bei
dieser
Gießhalle
um
ein
einzigartiges
Denkmal
aus
der
Frühzeit
neuzeitlicher
Eisenkonstruktion
handelt;
zum
erstenmal
auf
dem
europäischen
Festlande
wurde
Gußeisen
hier
für
einen
solchen
Zweck
verwandt.
Blick in die
ausgeräumte Gießhalle
der Sayner Hütte
(1926)
Bezeichnend
für
diesen
Vorläufer
des
m
o
d
e
r
n
e
n
Eisenskelettbaus
ist
es,
daß
ihm
noch
kaum
etwas
von
einem
reinen
"Zweckbau"
anhaftet,
der
in
der
späteren
Entwicklung
naturnot-wendig
seine
eigenen
Formen-
und
Raumgesetze
entwickelte;
fest
wurzelt
der
Entwurf
der
Sayner
Eisenhalle
noch
in
den
Vorstellungen
historischer
Raumformen.
So
kommt
es,
daß
man
auch
jetzt
noch
einen
Kirchenraum
zu
betreten
glaubt,
wenn
man
in
diesen
mächtigen,
langgestreckten
und
dreigeteilten
Hallenraum
geht,
dessen
eine
Schmalseite
chorähnlich
geschlossen
ist.
Den
"Altarraum"
nimmt
der
Ofenbau
ein;
rechts
und
links
seitlich
erhoben
sich
ursprünglich
zwei
Schornsteine
wie
Flankierungstürme.
Je
neun
mächtige
Hohlsäulen
mit
dorischen
Kapitellen
tragen
den
"Obergaden"
des
nur
wenig
über
den
Seitenschiffen
aufragenden,
7,20
m
breiten
Mittelschiffs.
Jeweils
zwei
gegenüberstehende
Säulen
sind
unter
sich
und
mit
den
Seitenwänden
durch
einen
einzigen
großen
parabelförmigen
Bogen
verbunden,
der
rund
20
m
Spannweite
hat.
Diese
Folge
von
neun
Bogen
trägt
und
verstrebt
die
ganze
wei-tere
Konstruktion,
Durch
das
Mittelschiff
war
noch
ein
Lauf-
und
Hebekran
geführt,
zu
dem
eine
zierliche
Wendeltreppe
leitete.
Technisch
von
höchstem
Interesse
sind
die
Drehkrane,
mit
denen
eine
um
die
andere
Säule
versehen
ist;
bei
ihnen
sind
zum
erstenmal
Kugellager verwendet worden.
Gußeiserner
Fischbauchträger in der
Sayner Hütte
Die
technische
Bedeutung
der
Sayner
Gießhalle
ist
schon
oft
hervorgehoben
worden,
hier
interessiert
besonders
auch
die
Herkunft
ihrer
Bauformen.
Ganz
offenbar
sind
in
ihr
Erfahrungen
der
gotischen
Steinarchitektur
verwertet
worden,
in
der
die
Auflockerung
der
schließenden
Wand
in
tragende
und
füllende
Teile
mit
allen
ihren
Voraussetzungen
und
Folgen
entwickelt
wurde.
Technisch
erstaunlich
bleibt
es
aber,
wie
diese
Erfahrungen,
die
in
dem
Zeitalter
des
wieder
erwachenden
Sinns
für
die
Gotik
auch
in
der
Steinarchitektur
wieder
neue
Bedeutung
erhielten,
nun
in
bezug
auf
das
neu
zur
Verfügung
stehende
Material
und
seine
Bedingtheiten
ausgewertet
worden
sind.
Trotz
der
Übernahme
einer
historischen
Raumform
und
trotz
der
dorischen
Kapitelle,
der
"gotischen"
Bogen
im
Gitterwerk
usw.
wird
hier
bereits
aus
den
besonderen
Gegebenheiten
des
Eisenmaterials
ein
Konstruktionsschema
entwickelt,
das
beispielhaft
für
ähnliche
Aufgaben
in
der
Folgezeit
werden
sollte.
In
ihrem
Verhältnis
zu
den
historischen
Bauformen
ist
die
Sayner
Hütte
ein
typisches
Erzeugnis
der
Baukunst
des
frühen
19.
jahrhunderts,
in
der
gerade
hier
im
Westen
klassizistische
und
neugotische
Elemente
häufig
eine eigenartige Verbindung eingehen.
erstmals in der Industrie
eingesetzte Kugellager
am Strebenfuß eines
Schwenkkranes in der SH
Nach
der
Stillegung
des
Werks
im
Jahre
1926
ist
die Gießhalle trotz der an
die
Übergabe
an
die
Stadt
geknüpften
Bedingung
verschiedentlich
in
ihrem
Fortbestand
sehr
gefährdet
gewesen;
einmal
konnte
ihr
endgültiger
Abbruch
nur
mit
größter
Mühe
verhindert
werden,
als
sich
eine
günstige
Verkaufsgelegenheit
des
ganzen
Geländes
ergab.
Im
Laufe
der
letzten
zehn
Jahre
hat
die
Verwahrlosung
des
Gebäudes,
für
das
ein
passender
neuer
Verwendungszweck
bisher
fehlte,
immer
weitere
Fortschritte
gemacht,
so
daß
die
Halle
jetzt
einen
durchaus
ruinösen
Eindruck
macht.
Die
neuerdings
durch
die
Stadt
Bendorf
angestrebte
Wiederherstellung
der
Gießhalle
gehört
auch
schon
seit
jahren
zu
den
Zielen
der
Denkmalpflege;
bisher
jedoch
ließ
sich
die
Finanzierung
der
notwendigen
Maßnahmen,
zu
denen
in
erster
Linie
die
Erneuerung
des
Daches
gehört,
nicht
ermöglichen.
Mit
Hilfe
einer
in
diesem
Jahre
bewilligten
Provinzialbeihilfe
von
3000
RM.
wurden
vor
Beginn
des
Winters
zunächst
die
dringlichsten
Aufräumungs-
und
Sicherungsarbeiten
durchgeführt.
Mit
der
eigentlichen
durchgreifenden
Sicherung
des
alten
Bestandes
soll
eingesetzt
werden,
sobald
die
Finanzierungsfrage
geklärt
ist,
was
voraussichtlich
mit
Hilfe
von
Zuschüssen
aus
den
interessierten
Kreisen
der
Industrie
sowie
des
Staates
und
der
Provinz
im
Laufe
des
nächsten
Rechnungsjahres
der
Fall
sein
wird.
Eine
dauernde
Erhaltung
der
Hütte
wird
aber
erst
dann
gewährleistet
sein,
wenn
sie
einem
neuen
Verwendungszweck
zugeführt
wird.
Es
besteht
der
Plan,
hier
im
Laufe
der
Zeit
Erzeugnisse
aus
der
ersten
Zeit
der
rheinischen
Gußeisenindustrie
zu
einer
anschaulichen
Übersicht
über
diesen
für
das
frühe
19.
Jahrhundert
so
charakteristischen,
bisher
zu
wenig
in
seinen
Zusammenhängen
beachteten
Kunstzweig
zu
vereinigen.
In
diesem
Rahmen
könnte
z.
B,
auch
dem
Schöpfer
der
Hütte,
Karl
Ludwig
Althans,
einem
der
bedeutendsten
Vorkämpfer
der
deutschen
Eisenindustrie,
eine
Erinnerungsstätte
gewidmet
werden.
Althans
hat
als
Oberhüttenbauinspektor
und
seit
1844
als
Ober-Berg-
und
Baurat
von
hier
aus
weit
über
die
Grenzen
des
Rheinlandes
hinaus
gewirkt;
in
Sayn
rief
er
eine
Werkschule
zur
Weiterbildung
des
Arbeiternachwuchses
ins
Leben,
die
sehr
segensreich
gewirkt
hat.
Das
erste
Ziel
aber
bleibt
die
Instandsetzung
seiner
bedeutendsten
Schöpfung,
der
Sayner
Gießhalle,
die
hoffentlich
bereits
im
nächsten
Rechnungsjahre
tatkräftig
gefördert werden kann.
soweit; C. Pfitzner. aus dem Jahre 1936.
Zum
Thema
"Sayner
Hütte"
haben
wir
eine
separate Fotoliste erstellt
Siehe
auch:
"Der
Eisenkunstguss
der
Sayner
Hütte"
oder: "Die Neujahrsplaketten der Sayner Hütte"
Literatur:
Vgl.
E.
Heimrath,
Die
Sayner
Hütte
und
ihre
Gießhalle,
herausgeg.
vom
Mittelrhein.
Bez.-Verein
des Vereins Deutscher Ingenieure, 1928.
Über
Eisenguß
in
der
Rheinprovinz
im
allgemeinen
vgl.
F.
W.
Bredt,
Eisenguß
im
Rheingebiet
und
in
der
Literatur,
Mitteilungen.
Rhein.
Vereins
für
Denkmalpflege
u.
Heimatschutz,
Jahrg.
Xl,
1917,
S. 86 f. 2)
Vgl.
H.
Straube,
Eisenguß
und
Grabmalkunst,
Mitteilungen
d.
Rhein.
Vereins
für
Denkmalpflege
u. Heimatschutz, Jahrg. Xl, 1917, S. 62 f.
Aus
den
Jahren
1819—1
832
haben
sich
zu
jedem
Jahreswechsel
die
Plaketten
erhalten,
die
im
Auftrage
des
Königs
angefertigt
wurden,
In
den
ersten
Jahren
lieferte
der
Architekt
Hundeshagen,
der
in
der
Frühgeschichte
rheinischer
Denkmalpflege
eine
bedeutende
Rolle
spielt,
die
Zeichnungen
hierzu.
Die
"Akta
betreffend
die
Anfertigung
und
Verteilung
der
Neujahrsmedaillen
auf
der
königlichen
Hütte
zu
Sayner
Hütte"
befindet
sich
im
Bonner
Stadtarchiv,
Vgl.
E.
Beitz,
i. Wallraf-Richartz-Jahrb. II, 1925, S. 88f.
Über
die
Technik:
vgl.
Alfred
Thiele,
Der
Kunstguß
auf
Sayner
Hütte,
Zeitschr.
f.
Heimatkunde
des
Reg.-Bez.
Koblenz
usw.,
Jahrg.
II,
1921,
S.
132
f.
Dort
auch
Abbildungen
von
Sayner
Schmuckstücken usw.
Zu
K.
L.
Althans
vgl.
u.
a.
Ernst
Althans
in
"Stahl
und
Eisen",
Zeitschr.
des
Vereins
Deutscher
Eisenhüttenleute, 2.Jahrg., 1882, Heft 5, 5.1 f.
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