Den Ermordeten zur Ehre
den Lebenden zur Mahnung
Das Mahnmal an der ehemaligen
Jacoby'schen Anstalt in Bendorf - Sayn
von Dieter Kittlauß
Geschichtlicher Rückblick auf die
Entstehungsgeschichte der
"Jacoby'schen Heil- und Pflegeanstalt"
in Sayn
Im
18.
Jahrhundert
entwickelte
sich
Bendorf
zu
einer
bedeutenden
Industriestadt,
geprägt
vor
allem
durch
Eisenguss
und
Baustoffindustrie.
Im
19.
Jahrhundert
setzte
zusätzlich
eine
ganz
andere
Entwicklung
ein.
Innerhalb
weniger
Jahrzehnte
erwarb
sich
Bendorf
durch
seine
vier
Nervenheilanstalten
europäischen
Ruf.
Dieser
Teil
der
Geschichte
unserer
Stadt
ist
heute
weniger
bekannt.
Vier
Namen
begründeten
den
Ruf
von
Bendorf
als
Ort
europäisch
bedeutender
Psychiatrie:
Die
Nervenärzte
Erlenmeyer,
Brosius
und
Colmant
und
der
Synagogenvorsteher,
Meyer
Jakoby.
In
mehreren
Beiträgen
dieser
Homepage
der
Gesellschaft
für
Geschichte
und
Heimatkunde
von
Bendorf
und
Umgebung
(GGH)
sind
Details
dieser
Geschichte
nachzulesen.
Hier
wird
lediglich
auf
die
jüdische
psychiatrische
Anstalt
in
Sayn näher eingegangen.
Mit
den
französischen
Eroberungstruppen
kamen
auch
viele
Ideen
der
Französischen
Revolution
nach
Deutschland,
wurden
durch
staatliche
Gesetze
sanktioniert
und
blieben
zum
großen
Teil
auch
nach
den
Niederlagen
Napoleons
geltendes
Recht.
Dazu
gehörte
auch
die
Emanzipation
des
deutschen
Judentums,
die
sich
im
19.
Jahrhundert
unaufhaltsam
durchsetzte.
Aber
die
Öffentlichkeit
blieb
weiterhin
christlich
geprägt.
In
dem
Heft
"
Zur
Geschichte
der
Juden
in
Bendorf"
beschreibt
dies
Dietrich
Schabow
von
den
jüdischen
Kindern,
die
(aus
finanziellen
Gründen)
weder
von
einem
Privatlehrer
noch
an
einer
jüdischen
Schule
(wenn
es
eine
solche
nicht
gab)
unterrichtet
wurden,
und
deshalb
eine
der
christlichen
Schulen
besuchen
mussten
(S.11).
Dieses
Problem
betraf
auch
jüdische
gläubige
Patienten
insbesondere
in
den
(christlichen)
psychiatrischen
Anstalten.
Für
sie
war
es
nur
sehr
schwer
bzw.
gar
nicht
möglich,
nach
den Regeln ihrer Tradition zu leben.
Ein
jüdischer
Junge
zündet
die
Kerzen
des
Chanucka
Leuchters
an
und
spricht
folgende
Gebete:
Dies
soll
für
den
Leser,
der
sich
im
jüdischen
Glauben
weniger
auskennt,
kurz
erläutert
werden.
Für
religiöse
Juden
sind
alltägliches
Leben
und
Religion
eine
organische
Einheit.
Jede
Woche
wird
nach
den
sechs
Werktagen
mit
dem
Shabbat
abgeschlossen,
der
am
Freitag
beginnt
und
bis
zum
Samstag
dauert,
jeweils
von
Sonnenuntergang
bis
zu
Sonnenuntergang.
Für
den
gläubigen
Juden
ist
jeder
Shabbat
ein
Geschenk.
Gottesdienste,
Verzicht
auf
körperliche
Arbeit,
Gebet,
festliches
Essen
in
der
Familie
oder
in
der
Gemeinde,
Gesang
und
Fröhlichkeit
sind
die
Gestaltungselemente.
Auch
Küche
und
Speisebereitung
sind
festen
Regeln
unterworfen.
So
gibt
es
für
die
koschere
Küche
die
strenge
Trennung
von
Milch
-
und
Fleischspeisen
und
das
Verbot
bestimmter
Lebensmittel
und
strenge
Vorschriften
für
das
Küchengeschirr.
Der
jüdische
Glaube
kennt
die
so
genannte
kultische
Reinheit
und
Unreinheit
sowie
ganz
bestimmte
Reinigungszeremonien.
Deshalb
ist
jeder
Synagoge
eine
Mikwe,
ein
Bad
mit
Fluss-
oder
Grundwasser,
für
die
rituelle
Reinigung
beigefügt.
Auch
gibt
es
für
das
Miteinander
der
Geschlechter
feste
Regeln
und
auch
so
eine
Art
"Arbeitsteilung".
Die
Frau
kümmert
sich
um
das
Leben
in
der
Familie,
der
Mann
ist
zum
regelmäßigen
Gebet
verpflichtet.
Das
Jahr
hindurch
kommen
dazu
die
Feste,
die
bis
in
die
Geschichte
des
Volkes
Israel
zurückgehen.
So
geht
das
Laubhüttenfest,
das
im
Hebräischen
Sukkot
heißt
und
nach
der
Einbringung
der
Ernte
gefeiert
wird,
auf
eine
Vorschrift
im
3.
Buch
Moses
zurück.
Das
Leben
des
einzelnen
Juden
ist
eng
mit
der
Synagogengemeinde
verbunden.
Am
8.
Tag
nach
der
Geburt
wird
den
Jungen
die
Vorhaut
beschnitten,
dies
wird
von
der
Familie,
den
Freunden
und
Nachbarn
als
großes
Fest
begangen.
Wenn
der
Todesengel
das
Leben
mitgenommen
hat,
ist
die
Trauer
über
die
Familie
hinaus
rituell
geregelt.
Diese
wenigen
Beispiele
mögen
genügen,
um jüdisches Leben ein wenig zu verstehen.
Prof. Zwi Weinberg aus Jerusalem
In
der
normalen
Umgebung
ist
es
für
den
jüdischen
Frommen
kein
Problem,
nach
seiner
Tradition
zu
leben.
Schwierig
ist
es
aber
immer
in
der
Fremde
oder
auf
Reisen.
Während
meiner
Zeit
als
Leiter
des
Hedwig
-
Dransfeld
-
Hauses
(HDH)
hatte
ich
die
Gelegenheit,
viele
jüdische
Frauen
und
Männer
kennen
zu
lernen.
Für
die
reformierten
Juden
war
es
relativ
leicht,
sich
im
HDH
zu
Recht
zu
finden,
da
wir
ihnen
aufgrund
langjähriger
Erfahrung
entsprechende
Bedingungen
bieten
konnten.
Ich
erinnere
mich
aber
an
Prof.
Zwi
Weinberg
aus
Jerusalem,
einen
orthodoxen
Juden,
der
sich
sein
Essen
lieber
selbst
bereitete
(deshalb
hatte
er
auch
seinen
eigenen
Kochtopf
bei
sich)
und
wenn
er
am
jüdischen
Gottesdienst
teilnahm,
der
nach
der
reformierten
Agenda
gehalten
wurde,
dann
verrichtete
er
seine
Gebete
zusätzlich
auf
seinem
Zimmer.
Wenn
ich
aber
mit
einer
Gruppe
religiöser
Juden
unterwegs
war,
war
alles
noch
komplizierter,
so
musste
die
Synagoge
immer
in
der
Nähe
des
Hotels
sein
und
das
Essen
durch
eine
koschere
Küche
bereitet werden.
Aus einer Werbeschrift um 1890
Doch
nun
zurück
zu
Meyer
Jacoby,
dem
Gründer
der
J
a
c
o
b
y
'
s
c
h
e
n
Anstalten
in
Bendorf.
Dieser
fühlte
sich
als
Synagogenvorsteher
in
Bendorf
für
seine
j
ü
d
i
s
c
h
e
n
Gemeindemitglieder
in
den
Heilanstalten
verantwortlich
und
wollte
deshalb
in
Bendorf
eine
eigene
jüdische
Heilanstalt
aufbauen.
Deshalb
bemühte
er
sich
bei
der
preußischen
Regierung
um
die
Konzession
dafür
und
erhielt
diese
auch.
Zunächst
bot
er
in
seinem
Haus
für
die
jüdischen
Patienten
koscheres
Essen
an,
das
also
den
jüdischen
Koch-
und
Speiseregeln
entsprach.
Am
17.
November
1869
kam
es
dann
zur
Gründung
der
"
Jacoby'schen
Heil-
und
Pflegeanstalt
für
Nerven-
und
Gemütskranke
in
Sayn
bei
Koblenz".
Die
Nachfrage
war
groß.
Aus
ganz
Europa
wurden
jüdische
Psychiatriepatienten
nach
Sayn
vermittelt,
für
geistig
behinderte
Kinder
wurde
ein
eigener
Lehrer
angestellt.
Als
nach
dem
1.
Weltkrieg
die
Enkel
von
Meyer
Jacoby,
Paul
(†)
und
Fritz
(†)
Jacoby,
die
Leitung
der
Anstalt
übernahmen,
waren
es
bereits
über
200 Patienten.
Die
Jacoby'sche
Anstalt
während
der
faschistischen Gewaltherrschaft
Der
Antisemitismus
war
von
Anfang
an
zentraler
Bestandteil
der
faschistischen
Ideologie.
Nach
der
Machtergreifung
1933
wurden
durch
die
"Rassengesetze"
die
jüdischen
Menschen
im
Deutschen
Reich
Schritt
für
Schritt
ihrer
Bürgerrechte
und
ihrer
Menschenwürde
beraubt.
Die
Progromnacht
am
9./10.
November
1938,
als
jüdische
Geschäfte
zerstört
und
jüdische
Synagogen
geplündert
und
verbrannt
wurden
(auch
in
Bendorf),
läuteten
einen
neuen
Abschnitt
der
Judenverfolgung
ein.
Jetzt
war
das
Ziel
die
Enteignung
und
Vertreibung
aller
jüdischen
Menschen
aus
Deutschland.
Die
Jacoby'sche
Anstalt
wurde
nicht
zerstört,
da
hier
nach
den
Plänen
der
deutschen
Reichsregierung
die
geisteskranken
Juden
aus
Deutschland
konzentriert
werden
sollten.
Am
3.
Februar
1939
verbot
der
Koblenzer
Regierungspräsident
der
Leitung
der
"
Jüdischen
Irrenanstalt"
die
Auswanderung
und
bestimmte,
dass
Sayn
ausschließlich
Juden
aufnehmen
dürfe.
1940
wurde
die
Anstalt
an
die
Reichsvereinigung
der
Juden
in
Deutschland
verpachtet.
Den
Brüdern
Jacoby
gelang
die
Flucht
über
Russland
und
Japan
nach
Uruguay.
Der
jüdische
Arzt,
Dr.
Wilhelm
Rosenau,
dem
per
Gesetz
Ende
September
1938
die
Behandlung
von
Nichtjuden
verboten
und
der
Arzttitel
aberkannt
wurde,
durfte
von
der
Reichsvereinigung
als
"Leitender
Krankenbehandler"
angestellt
werden.
Mit
seiner
Familie
wohnte
Dr.
Rosenau
zunächst
inmitten
der
Anstalt,
später
konnte
er
die
Jacoby'sche
Villa
in
der
Engerser
-
Landstraße
3
beziehen.
Ihm
zur
Seite
stand
Herr
Kochanek
als
vom
Staat
eingesetzter
Betriebsleiter
für
den
wirtschaftlichen
Betrieb.
Hermann
Rosenau,
Sohn
von
Dr.
Rosenau,
gedenkt
auch
heute
noch
seiner
mit
Dankbarkeit
und
besucht
sein
Grab
auf
dem Friedhof bei der Abtei.
Die
Anstalt
war
bald
maßlos
überfüllt.
Um
die
über
500
Patienten
unterzubringen,
ließ
die
Reichsregierung
Baracken
im
Hof
der
Anstalt
aufstellen.
Einer
der
Patienten
war
der
jüdische
Dichter
Jakob
van
Hoddis,
der
1909
mit
einer
Reihe
gleichgesinnter
Dichter
den
"Neuen
Club"
gegründet
hatte
und
1911
durch
sein
Gedicht
"
Weltende"
berühmt
wurde.
Am
14.
Juli
1933
wurde
das
S
t
e
r
i
l
i
s
a
t
i
o
n
s
g
e
s
e
t
z
verabschiedet,
das
die
Sterilisation
von
so
genannten
Erbkranken
vorschrieb.
Damit
begann
der
Genozid
an
Behinderten
und
Geisteskranken
-
auch
an
Kindern.
Es
gab
Pläne
zur
Massensterilisation
aller
deutschen
Juden,
die
aus
finanziellen
Gründen
nicht
ausreisen
konnten,
und
die
nur
noch
als
"Arbeitssklaven"
eine
Lebensberechtigung
haben
sollten.
In
diesem
Zusammenhang
sind
wohl
auch
1941
jüdische
Patienten
aus
Sayn
nach
dem
Vernichtungslager
Hadamar
gebracht
worden.
Mit
Rücksicht
auf
die
Proteste
aus
kirchlichen
Kreisen
gegen
die
Ermordung
von
Geisteskranken
wurde
das
Ausrottungsprogramm
verändert:
Abtransport
aller
Juden
in
die
großen
Vernichtungslager
im
Osten.
Mit
bürokratischer
Gründlichkeit
wurde
die
Shoa
geplant und durchgeführt.
Auch
Bendorf
sollte
"judenfrei"
werden.
Die
jüdischen
Bürger
Bendorfs
und
damit
auch
die
Patienten
der
Jacoby'schen
Heilanstalt
wurden
selektiert,
auf
dem
Sayner
Bahnhof
in
Güterwaggons
gepfercht
und
nach
Koblenz
zum
Sammeltransport
gebracht.
Nach
den
Akten
der
Geheimen
Staatspolizei
Koblenz
fand
der
erste
Transport
am
22.3.1942
statt.
Unter
den
337
Opfern
waren
105
jüdische
Menschen
aus
Bendorf,
darunter
viele
aus
Sayn.
Am
30.April,
15.Juni,
27.Juli
und
am
11.November
1942
wurden
die
Transporte
fortgesetzt.
573
jüdische
Frauen
und
Männer
aus
Bendorf,
darunter
auch
Kinder,
wurden
nach
derzeitiger
Sachkenntnis
abtransportiert.
Ihre
Spur
verliert
sich
in
den
Vernichtungslagern
des
Ostens.
Sie
wurden
alle
ermordet.
Die
leeren
Gebäude
der
Jacoby'schen
Anstalt
wurden
zum
Ausweichkrankenhaus
umfunktioniert.
Herrn
Kochanek
blieb
als
Verwalter
und
sorgte
dafür,
dass
Dr.
Rosenau,
der
Oberpfleger
Herrmanns
und
eine
Frau
Koch
als
Hilfsarbeiter
angestellt
wurden,
um
die
Anstalt
beziehbar
zu
erhalten.
So
wurden
diese
von
der
Deportation
verschont
und
überlebten.
Wir dürfen die Ermordeten nicht
vergessen - die Idee eines Mahnmals
Nach
dem
Krieg
war
die
ehemalige
Jacoby'sche
Anstalt
Krankenhaus
für
die
französischen
Alliierten,
bis
sie
schließlich
von
den
Salesianern
erworben
und
hier
entsprechend
ihrer
Ordenstradition
ein
Internat
mit
Schul-
und
Lehrausbildung
eingerichtet
wurde.
Der
Name
"Kemperhof",
der
wohl
noch
aus
der
Zeit
als
Ausweichkrankenhaus
für
den
Koblenzer
Kemperhof
stammte,
bürgerte
sich
ein.
Am
Haupteingang
erinnerte
eine
kleine
Tafel
der
Bendorfer
Stadtgeschichte
an
die
jüdische
Vergangenheit
des
Gebäudes.
Insgesamt
aber
wird
man
sagen
müssen,
dass
weder
das
frühere
blühende
jüdische
Leben
in
Bendorf
noch
die
staatlich
angeordnete
Ermordung
von
573
Menschen
im
kollektiven
Gedächtnis
der
Bendorfer
lebendig
waren.
Anneliese
Debray
und
Dietrich
Schabow
ist
es
zu
verdanken,
dass
die
jüdische
Geschichte
Bendorf
wieder
in
den
Blick
geriet.
Für
Anneliese
Debray,
die
langjährige
Leiterin
des
Hedwig
-
Dransfeld
-
Hauses
(HDH)
war
der
jüdisch
-
christliche
Dialog
und
die
Freundschaft
zu
Israel
ein
besonderes
Anliegen.
Sie
war
Initiatorin
der
jährlichen
jüdisch
-
christlichen
Bibelwoche
und
lud
viele
Gruppen
aus
Israel
in
das
HDH
Bendorf
ein.
Auf
ihre
Anregung
hin
erarbeitete
Dietrich
Schabow,
der
durch
seine
Forschungen
über
die
Geschichte
der
Juden
im
Rheinland
bereits
bekannt
geworden
war,
eine
kleine
Dokumentation
"Zur
Geschichte
der
Juden
in
Bendorf".
1979
wurde
an
der
Stelle
der
ehemaligen
Synagoge
eine
Gedenktafel
angebracht.
Karfreitag
1988
führte
das
Hedwig
-
Dransfeld
-
Haus
einen
Sühnekreuzweg
"
Auf
den
Spuren
der
Shoa
in
Bendorf"
durch.
Die
Stationen
waren:
Gedenktafel
am
Platz
der
früheren
Synagoge,
ehemalige
Jacoby'sche
Heil-
und
Pflegeanstalt,
ehemaliger
Sayner
Bahnhof,
alter
jüdischer
Friedhof
in
Sayn
und
Kapelle
im
HDH.
Ende
der
70iger
Jahre
kam
bereits
der
jüdische
Künstler
Beni
Cohen
-
Or
nach
Bendorf
und
heiratete
hier.
1979
wurde
an
der
ehemaligen
Bendorfer
Synagoge
in
der
Judengasse
eine
Gedenktafel enthüllt:
"HIER
STAND
DIE
SYNAGOGE
DER
ISRAELITISCHEN
GEMEINDE
BENDORF.
SIE
WURDE
AM
9.NOVEMBER
1938
UNTER
DER
HERRSCHAFT
DER
GEWALT
UND
DES
UNRECHTS ZERSTÖRT"
1983
kam
Rahamim
Mizrachi,
ein
kurdischer
Jude
aus
Israel,
nach
Bendorf,
um
hier
mit
Erlaubnis
der
Behörden
im
HDH
zu
leben
und
zu
arbeiten.
Am
1.4.1988
eröffnete
der
jüdische
Arzt,
Dr.
Albert
Davila,
in
Bendorf
seine
Praxis.
Jüdische
Dozenten
aus
England
und
Israel
lehrten
regelmäßig
im
Hedwig
-
Dransfeld
-
Haus
bei
den
interreligiösen
Seminaren.
Auf
Professor
Shalom
Ben
Chorin
aus
Jerusalem
sei
hier
als
ein
Beispiel
verwiesen.
Aber
die
Shoa
der
Jüdischen
Patienten
war
nicht
mehr
im
öffentlichen
Bewusstsein.
Auf
dieses
Defizit
wiesen
Hermann
Rosenau,
der
Sohn
von
Dr.
Wilhelm
Rosenau,
und
seine
Frau,
beide
leben
heute
in
Darmstadt,
wiederholt
hin
und
gaben
die
Anregung
für
die
Errichtung
eines
Denkmals
vor
dem
Hauptgebäude
der
ehemaligen
Jacoby'schen Anstalt.
Der "Verein Mahnmal Jacoby'sche
Anstalt"
Eine
kleine
Gruppe
von
Menschen
nahm
diese
Anregung
zur
Errichtung
eines
Denkmals
auf.
Deshalb
wurde
am
7.
Dezember
2001
der
"Verein
Mahnmal
Jacoby'sche
Anstalt"
im
Eingangsgebäude
der
ehemaligen
Anstalt
gegründet.
Als
Gründungsmitglieder trugen sich ein:
Hermann Rosenau aus Darmstadt,
Sohn von Dr. Wilhelm Rosenau,
Renate Rosenau,
Tochter von Dr. Wilhelm Rosenau
Hajo Stuhlträger
Bürgermeister in Bendorf
Dietrich Schabow aus Bendorf,
der
sich
um
die
Bendorfer
Heimatgeschichte
große
Verdienste
erworben hat
Beni Cohen Or,
jüdischer Künstler aus Bendorf
Paul Freialdenhoven,
geistlicher
Rektor
und
Franz
Josef
Welter,
Direktor
des
Heinrichshauses
Engers
Dieter Klöckner,
Landtagsabgeordneter
vom
Wahlkreis
Koblenz
Dieter Kittlauß,
Theologe,
langjähriger
Leiter
des
Hedwig - Dransfeld - Hauses
In der verabschiedeten Satzung heißt es:
"
Der
Verein
verfolgt
den
Zweck,
durch
die
Errichtung
eines
Mahnmales
auf
dem
Gelände
des
so
genannten
Kemperhofes
in
Bendorf
-
Sayn
zu
erinnern
an
die
vormalige
Jacoby'sche
Anstalt,
die
dort
bis
1942
für
nerven-
und
gemütskranke
Juden
in
Sayn
bestand.
Das
Mahnmal
soll
die
Erinnerung
aufrechterhalten
an
die
Jacoby'schen
Anstalt
sowie
an
die
Vertreibung,
Deportation
und
Vernichtung
der
jüdischen
Patienten
und
Mitarbeiter
dieser
Psychiatrischen
Klinik.
Der
Verein
bezweckt
die
Beschaffung
der
dazu
notwendigen
Mittel
und
eventueller
Zuschüsse.
Die
Größe,
Gestaltung
und
Art
des
Denkmals
werden
mit
dem
Grundstückseigentümer,
der
Josefs
-
Gesellschaft
e.V.
in
Köln
-
Deutz,
festgelegt.
Das
Mahnmal
soll
vor
dem
Gebäude
der
Jacoby'schen
Anstalt
zur
Koblenz
-
Olper
-
Straße
hin
errichtet
werden,
damit
es
für
die
Passanten gut sichtbar ist."
Der Vorstand
Die Vorstandsaufgaben des Vereins
übernahmen:
•
Paul Freialdenhoven (1. Vorsitzender),
•
Hajo Stuhlträger (2. Vorsitzender),
•
Dieter Kittlauß (Schatzmeister),
•
Dietrich Schabow (Schriftführer) und
•
Dietrich
Klöckner,
Hermann
Rosenau
und
Franz - Josef Welter (als Beisitzer).
Mit
der
künstlerischen
Gestaltung
wurde
der
Bendorfer
Künstler,
Benni
Cohen
Or,
beauftragt,
mit
der
h
a
n
d
w
e
r
k
l
i
c
h
e
n
Umsetzung
der
Steinmetz
Hans
-
Joachim
Hippel in Mayen.
Die
Gestaltung
sah
vor,
dass
das
Mahnmal
aus
zwei
Stelen
aus
grauem
Eifelgranit
bestehen,
schlicht
sein
und
dem
Ernst
des
Anlasses
gerecht
werden
sollte.
Die
größere
Stele
zur
Rechten
soll
einen
Text
aus
dem
Buch
des
Propheten
Jesaja,
die
linke
kleinere
Stele
einen
Text
mit
inhaltlicher
Aussage
über
die
Deportation
wiedergeben.
Die
Säulen
würden
etwas
versetzt
und
von
der
Koblenz
-
Olper
-
Straße
deutlich
sichtbar
sein,
rechts
im
freizumachenden
Gelände
neben
dem
Eingangstor.
Für
den
Vorstand
war
bei
der
Vergabe
des
künstlerischen
Entwurfes
zwar
nicht
ausschlaggebend,
aber
doch
auch
von
symbolischer
Aussagekraft,
dass
mit
Beni
Cohen
-
Or
ein
jüdischer
Künstler
und
Bendorfer Bürger gewonnen werden konnte.
Als Texte wurden abgestimmt:
"Zum ehrenden
Gedenken der 573
jüdischen Frauen
und Männer aus der
ehemaligen
Jacoby'schen Heil-
und Pflegeanstalt
Sayn und der Stadt
Bendorf, die 1942 in
die national-
sozialistischen
Vernichtungslager
deportiert und dort
ermordet wurden"
klein
unten:
November
2002
(linke
Stele,
Steingröße 175 x 60 cm)
"Friede,
Friede,
denen
in
der
Ferne
und
denen
in
der
Nähe,
spricht
der
Herr,
ich
will
sie heilen - Jesaja 57,18
klein
an
der
Seite:
COHEN
-
OR
(rechte
Stele, Steingröße 200 x 60 cm)
Mit
Zeitungsberichten
und
auch
bezahlten
Anzeigen
wurde
die
Öffentlichkeit
auf
das
Projekt
aufmerksam
gemacht.
An
der
Finanzierung
beteiligten
sich
neben
privaten
Spendern
auch
die
Sparkasse
Koblenz,
die
Kreisärzteschaft,
der
Psychiatrieverband
und
das
Presbyterium
der
Bendorfer
evangelischen
Gemeinde.
Bei
der
konkreten
Aufstellung
des
Denkmals
beteiligten
sich
mehrere
ehrenamtliche
Helfer;
so
bereiteten
Werner
und
Winfried
Dietz
das
Gelände
vor;
die
Baumpflegefirma
Daniel
Wirges
transportierte
die
anzufahrenden
Muttererde
ab,
die
die
Firma
Kann
gestiftet
hatte.
Als
der
Termin
für
die
Einweihung
feststand,
erhielt
die
Bendorfer
Baufirma
Johannes
Pompetzki
den
Auftrag
für
Fundament
und
Sockel.
Auch
hier
wurden
auf
der
Rechnung
nur die entstandenen Unkosten aufgeführt.
Einweihung des Mahnmals
Auf
Vorschlag
von
Bürgermeister
Hajo
Stuhlträger
wurde
der
17.
November
2002
als
Tag
der
Einweihung
abgestimmt.
Es
gab
zunächst
eine
Diskussion,
ob
der
Volkstrauertag
der
geeignete
Termin
sei.
Nachdem
aber
deutlich
wurde,
dass
es
in
Bendorf
die
Tradition
gäbe,
dem
jährlichen
Volkstrauertag
einen
besonderen
Akzent
zu
geben,
erschien
das
Datum
sogar
als
sehr
gut,
um
eine
würdige
Einweihung
mit
vielen
Gästen
durchführen
zu
können.
Die
Stadtverwaltung
übernahm
die
Herstellung
und
den
Versand
der
Einladung,
der
katholische
Kirchenchor
von
Sayn
unter
der
Leitung
von
Wolfgang
Heinzen
die
musikalische
Gestaltung.
Die
Sayner
Karnevalsgesellschaft,
vertreten
durch
Rolf
und
Mark
Bartel,
stellte
ihre
Beschallungsanlage zur Verfügung.
Das Programm sah folgende Gestaltung vor:
Kirchenchor Sayn "Wo Menschen neu beginnen"
Begrüßung durch Rektor Paul Freialdenhoven
Ansprache von Bürgermeister Hajo Stuhlträger
Saxophon - Improvisation durch Alexander Reffgen
Übersicht
über
die
Geschichte
der
Jacoby'schen
Anstalt
durch Dietrich Schabow
Ansprache
von
Frau
Regina
Suderland,
Pflegehelferin
in
der früheren Jacoby'schen Anstalt
Kirchenchor Sayn "Komm, Herr, segne uns"
Gebete
um
Gnade
und
Vergebung
-
gesprochen
von
Pfarrer
Willi
Madauß
(katholische
Kirchgemeinde
Sayn)
und Superintendent Schneidewind (Kirchenkreis Koblenz
Gebet
aus
dem
Kaddisch
(jüdisches
Gebet)
-
gesprochen
durch
Dr.
Peter
Waldmann,
Rabbiner
beim
Landesverband der Jüdischen Gemeinden
Saxophon - Improvisation durch Alexander Reffgen
Erläuterung
zu
seinem
Entwurf
durch
den
jüdischen
Künstler Benni Cohen - Or aus Bendorf
"Gedenken
und
Erinnern"
-Rezitation
eines
eigenen
Gedichtes durch Maria Baldus Cohen- Or aus Bendorf
Verabschiedung durch Rektor Paul Freialdenhoven
Der Verein löst sich auf
Am
13.
Mai
2003
fand
die
letzte
Mitgliederversammlung
des
Vereins
Mahnmal
Jacoby'sche
Anstalt
statt.
Dieter
Kittlauß
gab
als
Schatzmeister
einen
Überblick
über
die
Finanzen.
14.820,63
€
standen
auf
der
Einnahmeseite,
12.823,54
€
auf
der
Ausgabenseite.
Der
Vorstand
wurde
entlastet.
Über
die
Restmittelverwendung
berichtet
das
Protokoll:
"Da
nach
Erreichen
des
Vereinszweckes
noch
vorhandene
Mittel
vorhanden
sind
und
die
Tagesordnung
eine
Auflösung
des
Vereins
vorsah,
beschlossen
die
Mitglieder,
die
Restmittel
der
Jüdischen
Kultusgemeinde
zu
übergeben,
damit
diese
die
Mosaiken
auf
dem
jüdischen
Friedhof
reparieren
lassen
kann.
Dietrich
Schabow
wurde
beauftragt,
mit
Herrn
Dr.
Heinz
Kahn,
dem
Vorsteher
der
Jüdischen
Kultusgemeinde
Koblenz,
über
die
Ausführung
dieses
Beschlusses
zu
sprechen….".
Die
Restmittel
betrugen
1.997,09
€.
Als
letzte
Handlung
löste
sich
der
Verein
wegen
Erreichung
des
Satzungszieles einvernehmlich auf.
Literaturhinweise:
Dietrich
Schabow,
Zur
Geschichte
der
Juden
in
Bendorf,
Herausgeber:
Hedwig
-
Dransfeld
-
Haus
in
Verbindung
mit
dem
ökumenischen Arbeitskreis in Bendorf
S.
Ph.
De
Vries,
Jüdische
Riten
und
Symbole,
Fourierverlag
Wiesbaden
1980
und
als
Taschenbuch
im
Roro
-
Verlag
1981.
(Rabbiner
De
Vries
wurde
im
Frühjahr
1944
im
Konzentrationslager
Bergen
-
Belsen
ermordet.
Dieses
Buch
ist
sein
Vermächtnis)
Henry
Friedländer,
Der
Weg
zum
NS
-
Genozid:
Von
der
Euthanasie
zur
Endlösung, Berlin Verlag 1997
www.bendorf-geschichte.de
-
Berichte
auf
der
HomePage
der
Gesellschaft
für
Geschichte
und
Heimatkunde
von
Bendorf
und Umgebung (GGH)
Günther
Bernd
Ginzel,
Jüdischer
Alltag
in
Deutschland
1933
-
1945,
Droste
-
Verlag
Düsseldorf
Shalom
Ben
-
Chorin,
Bruder
Jesus,
dtv
/
List
Shalom
Ben
Chorin,
Die
Erwählung
Israels,
Piper - Verlag
Die
Kirchen
und
das
Judentum,
Dokumente
von
1945
bis
1985,
Bonifatius
-
Druckerei
Paderborn
Petuchowski
Jakob
:
und
Clemens
Thoma,
Lexikon
der
jüdisch
-
christlichen
Begegnung, Herder - Verlag Freiburg
Anlagen
Porträt von Dr. Wilhelm Rosenau
Erläuterungen zum Kaddisch -Gebet
"Dem
Bürger
fliegt
vom
spitzen
Kopf
der
Hut" Gedicht von Jakob van Hoddis
"Gedenken
und
Erinnern"
-
Gedicht
von
Maria Baldus - Cohen Or
© 2019 GGH-Gesellschaft für Geschichte und Heimatkunde von Bendorf und Umgebung e.V.