Das Bendorfer Glockenspiel
Nachtrag: Nachts klingelte das Telefon - In memoriam Jakob Kahn
Bendorf am Rhein
Georg Bauer
Übergabe
des
Glockenspiels
durch
Jakob
Kahn
an
den
B
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Bauer
Durch
eine
hochherzige
Stiftung
wurde
die
Stadt
Bendorf
und
damit
unsere
Heimat
im
Jahre
1958
um
eine
Sehenswürdigkeit
von
besonderem
Wert
bereichert:
Der
in
Amerika
lebende
frühere
Mitbürger
Herr
Jakob
Kahn
schenkte
ihr
ein
Glockenspiel
für
den
Turm
„seiner"
alten
Pfarrkirche
St.
Medard.
Dieser
Turm
hatte
seine
eigene
Geschichte;
erbaut
etwa
im
Jahre
1204,
überragt
er
majestätisch
die
katholische
und
die
evangelische
Pfarrkirche,
die
-
eine
seltene
Besonderheit
-
Wand
an
Wand
nebeneinander
stehen;
steinernes
Denkmal
für
Toleranz
und
gut
bürgerschaftliches
Neben-
und
Miteinander
der
beiden
christlichen
Kirchen
und
der
Stadtgemeinde;
denn
der
Turm
gehört
der
Zivilgemeinde Bendorf.
Der
Turm
von
St.
Medard
dürfte
der
glockenreichste
weit
und
breit
sein;
nicht
weniger
als
28
Glocken
rufen
von
hier
aus
die
gläubigen
Christen
zu
Andacht
und
Gebet
und
darüber
hinaus
alle,
die
sie
hören
wollen,
zur
Besinnung
von
Hast
und
Lärm
des
Alltags.
„Gott
zur
Ehr
und
den
Bürgern
seiner
Vaterstadt
zur
Freude";
mit
dieser
Inschrift
in
einer
dieser
Glocken
machte
Herr
Kahn
der
Stadt
das
wertvolle
Geschenk.
Freudige
Bewegung
erfüllte
die
Stadt,
als
in
der
Mittagsstunde
des
18.
Dezember
1958
die
neuen
Glocken
auf
festlich
bekränztem
Lastwagen
der
Lieferfirma
Korfhage
&
Sohn,
Buer,
in
Bendorf
ankamen.
Mit
eherner
Stimme
begrüßten
die
großen
Schwestern
—
die
älteste
von
ihnen
wurde
1532
gegossen
—
die
neuen
„Mitbewohner"
des
alten
Turmes.
Hunderte
von
Bendorfern
waren
zum
Kirchplatz
gekommen,
um
das
einmalige
Ereignis
miterleben
zu
können.
Die
Schulkinder
unter
Führung
ihrer
Lehrerinnen
und
Lehrer
sangen
begeistert
den
Glocken
zum
Gruß:
„Lobt
froh
den
Herrn
.
.
."
und
„Süßer
die
Glocken
nie
klingen . .. "
Sofort
nach
Übernahme
der
Glocken
—
die
in
Anwesenheit
des
Spenders
stattfand
—
wurde
mit
der
Aufhängung
im
Turm
begonnen.
Dank
bester
Vorbereitung
der
Arbeiten
durch
Herrn
Ing.
Krämer
war
sie
schon
zwei
Tage
später
beendet.
Die
Montage
der
elektrischen
Leitungsanlage
(von
der
Firma
A.
Syre
kostenlos
zur
Verfügung
gestellt)
dauerte
fast
drei
Wochen;
provisorisch
war
sie
bereits
nach
fünf
Tagen
soweit,
daß
am
Heiligen
Abend
die
ersten
Melodien
über
den
weiten
Kirchplatz
hallten.
„Ein
wahres
Wunderwerk
ist
dieses
Glockenspiel",
hieß
es
in
dem
Bericht
eines
Zeitungsmannes
nach
einer
Besichtigung
des
Kirchturms;
und
diese
Anerkennung
ist
wirklich
verdient.
Das
Spiel
besteht
aus
nicht
weniger
als
25
Glocken,
von
denen
die
kleinste
16
kg,
die
größte
immerhin
fast
6
Zentner
wiegt.
Alle
25
zusammen
sind
33
Zentner
schwer.
Die
Glocken
sind
auf
die
Töne
C2,
D,
E,
F,
Fis,
Gis
und
dann
rein
chromatisch
weiter
bis
C
4
gestimmt.
Die
in
Holland
bei
der
Firma
Petit
&
Fritsen
gegossenen
Bronzeglocken
zeichnen
sich
durch
Tonreinheit
und
einen
weichen,
langnachhallenden
Klang
aus.
In
der
Regel
wird
das
Glockenspiel
in
Verbindung
mit
der
vor
einigen
Jahren
angeschafften
neuen
elektrischen
Turmuhr
automatisch
in
Gang
gesetzt.
In
zweitägigem
Wechsel
erklingt
jeweils
um
8,
um
13,
um
17
und
um
21
Uhr
ein
Lied.
Die
zu
spielenden
Lieder
sind
den
Noten
entsprechend
auf
einem
starken
Notenband
markiert.
Beim
Durchlaufen
des
Bandes
werden
durch
federnd
angebrachte
Kontakte
jeweils
die
Stromkreise
für
die
Zugmagnete
in
den
Glocken
geschlossen
und
der
Anschlag
ausgelöst.
Zur
Zeit
sind
zwei
Notenbänder
mit
insgesamt
16
Melodien,
teils
zwei-,
teils
dreistrophig,
vorhanden.
Daneben
kann
von
einem
harmoniumähnlichen
Spieltisch
mit
zwei
Manualen
aus
jederzeit
jedes
Musikstück
zum
Erklingen
gebracht
werden.
Die
äußerst
sinnvolle
Konstruktion
des
Spieltisches
gestattet
vier
verschiedene
Anschlagstärken.
Der
Organist
der
katholischen
Pfarrkirche,
Herr
Schuh,
hat
sich
mit
dem
schönen
Instrument
schon
so
vertraut
gemacht,
daß
seine
„Glockenspiel-
Konzerte"
immer
viele
Hörer
anziehen.
Auch
für
das
große
Geläute
erhielt
die
Stadt
Bendorf
als
Ersatz
für
eine
im
Krieg
gebliebene
(auch
sie
stammte
aus
dem
Jahre
1532)
im
Dezember
1957
eine
neue
Glocke.
Sie
wurde
von
der
Stadt
mit
Unterstützung
einzelner
Bürger
angeschafft
und trägt folgende Inschrift:
Die
als
Ersatz,
für
die
im
Krieg
eingeschmolzene
alte
Glocke,
neu
angeschaffte Glocke.
„IM KRIEG EINST GEOPFERT,
ERSTAND ICH NEU.
BIN ST. MEDARD GEWEIHT,
DEM PATRON UNSERER STADT.
MEIN KLINGEN SOLL SEIN:
DEN TOTEN EIN GEBET,
DEN VERMISSTEN EIN GRUSS,
DEN HEIMATBERAUBTEN EIN TROST,
DEN LEBENDEN MAHNUNG:
- EMPOR DIE HERZEN! -"
Ein Nachtrag:
Der nachfolgende Absatz ist im:
"Jahrbuch
der
Stadt
Bendorf
1974"
erschienen
Nachts
klingelte
das
Telefon
-
In
memoriam Jakob Kahn
Der
Spender
des
Bendorfer
Glockenspiels
-
Herr
Jakob
Kahn
bei
der
Übergabe
des
Glockenspiels
"Nachts
klingelte
das
Telefon
...".
Das
ist
in
der
Wohnung
eines
Bürgermeisters
nichts
besonderes.
Wenn
der
Anruf
aber
nachts
um
1.15
Uhr
aus
Amerika
kommt
-
und
sich
ein
Mann
meldet/
der
angibt,
seinen
Namen
nicht
nennen
zu
können,
und
wenn
dieser
Fremde
sich
nach
dem
Stand
einer
ganz
bestimmten
Angelegenheit
erkundigt,
sehr
nachdrücklich
und
ungeduldig
auf
Beschleunigung
drängt
und
noch
dazu
einen
großen
Geldbetrag
ankündigt
-
dann
ist
ein
solches
Gespräch
wert,
sofort
"aktenkundig"
gemacht
und
dem
Stadtrat
mitgeteilt
zu
werden.
Aber:
alles
mußte
sehr
"geheim"
und
"vertraulich"
behandelt
werden;
die
Öffentlichkeit
sollte
nichts
erfahren,
und
auch
dem
Bürgermeister
wurde
der
Name
des
großen
Unbekannten
nicht
genannt.
Das
geschah
in
der
Nacht
vom
18.
zum
19.
Mai
1958
-
als
das Telefon klingelte.
Schon
im
März
vorher
hatte
die
"Geheimniskrämerei"
begonnen,
über
verschiedene
Mittelspersonen
war
ich
davon
unterrichtet
worden,
daß
"sich
etwas
besonderes
tue"
(es
handele
sich
um
ein
Glockenspiel
für
Bendorf)
und
ich
wurde
gebeten,
mitzumachen.
Nachdem
das
Stichwort
"Glockenspiel"
gefallen
war,
war
ich
zunächst
recht
skeptisch,
obschon
die
Sache
selbst
meinen
schon
lange
vorher
geäußerten
Wünschen
und
Absichten
entsprach;
aber
dann
beteiligte
ich
mich
mit
aller
Energie
an
der
Verwirklichung
des
geplanten
Vorhabens.
Die
Forderung
nach
Geheimhaltung
erschwerte
die
Arbeit
natürlich;
aber
das
einmal
gegebene
Versprechen
konnte
fast
bis
zur
letzten
Minute eingehalten werden.
Selbst
eine
auf
Empfehlung
des
"Unbekannten"
unternommene
Reise
einer
vierköpfigen
Delegation
zur
Weltausstellung
in
Brüssel
konnte
von
der
Öffentlichkeit
unbemerkt
durchgeführt
werden.
Eine
nichtöffentliche
Sitzung
des
Stadtrates,
in
der
die
Stadtväter
der
Annahme
des
Geschenks
zustimmten,
ging
noch
glücklich
über
die
Bühne,
ohne
daß
das
Geheimnis
der
Öffentlichkeit
gegenüber
gelüftet
worden
wäre.
'Halb
Bendorf'
war
auf
den
Beinen,
um
die
Übergabe der Glocken mitzuerleben
Dann
aber
war
die
Bürgerschaft
hellhörig
geworden
und
"die
Spatzen
pfiffen
es
von
den
Dächern":
Bendorf
bekommt
ein
G
l
o
c
k
e
n
s
p
i
e
l
.
Schließlich
fragte
die
"Bendorfer
Zeitung"
am
2.
Juli
in
aller
Öffentlichkeit:
"In
der
Stadt
hören
wir
gerüchtweise,
daß
Bendorf
ein
Glockenspiel
erhalten
soll.
Wir
fragten
unsern
Bürgermeister
-
aber
...
er
erklärte
uns
nur,
daß
ihm
eine
Schweigepflicht
auferlegt
sei,
von
der
er
noch
nicht
entbunden wäre".
Allmählich
war
die
Angelegenheit
nicht
mehr
geheimzuhalten
-
nicht
zuletzt
durch
die
Betriebsamkeit
im
Glockenstuhl
des
alten
Kirchtums,
wo
die
Vorbereitungen
für
die
Montage
des
kommenden
Geschenks
energisch
betrieben
wurden.
Der
gesamte
hölzerne
Glockenstuhl
mußte
ausgebaut
und
durch
einen
neuen,
raumsparenden
ersetzt
werden,
da
es
sich
bei
dem
geheimnisvollen
Geschenk
tatsächlich
um
ein
Glockenspiel
für
den
Turm
der
St.
Medard-
Kirche
handelte.
Die
Frage
nach
dem
Spender
blieb
aber
immer noch unbeantwortet.
Erst
am
Tage
der
Ankunft
des
Glockenspiels
am
18.
Dezember
1958
wurde
der
Name
des
Spenders
bekannt.
Er
war
selbst
zum
Kirchplatz
gekommen,
um
die
gelieferten
Glocken
in
Empfang
zu
nehmen,
und
er
übergab
sie
sofort
dem
Bürgermeister.
Die
Schulkinder
der
Stadt
sangen
einige
passende
Lieder.
Viele
Hundert
Mitbürger
drängten
sich
auf
dem
Kirchplatz
bei
dem
einmaligen
Ereignis
und
feierten
den
hochherzigen
Spender
-
Jakob
Kahn
-
lebhaft.
Jakob
Kahn
bedankte
sich
mit
dem
Hinweis
auf
eine
der
25
Glocken,
die
die
Inschrift
(als
Widmung
des
Spenders)
trägt:
"Gott
zur
Ehre
und
den
Bürgern
meiner
Heimatstadt zur Freude!"
Ankunft
des
Glockenspiels
auf
dem
Kirchplatz
Jakob
Kahn
verfolgte
aufmerksam
die
ersten
Proben
nach
der
Montage
-
sein
Urteil:
der
Klang
war
ihm
"zu
leise";
ihm
hatte
ein
an
amerikanischen
Großstadtverhältnissen
gemessenes
Geläute
vorgeschwebt;
schließlich
war
er
aber
doch
zufrieden
mit
der
getroffenen
Wahl
und
der
Arbeit
der
Glockengießer.
Am
Heiligen
Abend
fand
die
feierliche
Inbetriebnahme
des
Glockenspiels
in Gegenwart des Spenders statt.
Mit
diesem
schönen
Geschenk
hat
Jakob
Kahn
-
der
inzwischen
in
Amerika
leider
seinem
langen,
schweren
Leiden
erlegen
ist
-
sich
ein
Denkmal
gesetzt,
das
die
Erinnerung an ihn dauernd wachhält.
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