Zur Geschichte des Roten Kreuzes
in Bendorf am Rhein
Seine Anfänge und bis zur
Wiederbegründung nach dem II.Weltkrieg
von Otto Michel, jun.
War auch bereits Friedrich der Große
bestrebt, durch entsprechende Abkommen
mit der Bevölkerung für die Bergung und
Versorgung seiner verletzten "langen Kerls"
zu sorgen, so blieb es doch dem Schweizer
Kaufmann Henry Dunant vorbehalten, eine
international tätige Hilfsorganisation ins
Leben zu rufen.
Henry Dunant, der Gründer des Roten
Kreuzes
Als Henry Dunant
am 24. Juni 1859
eher zufällig Zeuge
der Schlacht bei
Solferino und der
Not und des Elends
der auf dem
Schlachtfeld
zurückgelassenen
Verwundeten
wurde, war er tief
erschüttet und
organisierte mit
Hilfe von
Dorfbewohnern
zivile Hilfe. Seine erschütternden Erlebnisse
verarbeitete und veröffentlichte er in dem
Buch "Eine Erinnerung an Solferino".
Am 17. Februar 1863 wurde in Genf das
"Komitee der Fünf" gegründet - der
Vorläufer des heutigen "Internationalen
Komitees vom Roten Kreuz".
Bereits am 26. Oktober 1863 fand -
ebenfalls in Genf - eine Konferenz statt, die
nur den Zweck "der Gründung freiwilliger
Hilfsgesellschaften" hatte. Welche Wirkung
davon ausging, kann man daraus
entnehmen, dass bereits am 12. November
des gleichen Jahres die Gründung des ersten
(Württembergischen) Sanitätsvereins als 1.
Nationale Rotkreuzgesellschaft erfolgte.
Abzeichen und Siegel des Preussischen
Landesvereins vom Rothen Kreuz - hier des
Central-Comites
Am 8. Februar
1864 erfolgte die
Gründung des
Roten Kreuzes in
Preußen, dem
Land, zu dem auch
Bendorf gehörte.
Im deutsch-dänischen Krieg (im März 1864)
wurde die Rotkreuz-Armbinde - als
Kennzeichnung der ehrenamtlichen Helfer -
erstmals verwendet.
Im gleichen Jahr (am 22. August 1864)
wurde das "Genfer Abkommen", das die
Linderung des Loses der im Felddienst
verwundeten Militärpersonen regelt, von 12
Landesvertretern (darunter auch Preußen)
unterzeichnet.
Abzeichen des Vaterländischen
Frauenvereins in Preußen
Im November
1866 gründete
Königin Augusta
von Preußen den
Vaterländischen
Frauenverein, der
auch in Bendorf
tätig war. Leider
konnte ich über
Gründung usw.
nichts in Erfahrung
bringen. Er verschmolz am 25. Januar 1921
mit dem Roten Kreuz infolge des
Zusammenschlusses aller deutschen
Landesvereine und Landesfrauenvereine zum
Deutschen Roten Kreuz e.V.
Im Jahr 1867 tagte die I. Internationale
Rotkreuz-Konferenz in Paris, der 1869 die II.
Internationale Rotkreuz-Konferenz in Berlin
(damals Preußen) folgte.
II. Internat. Rotkreuz-Konferenz in Berlin
(1869)
Das
"Centralkomitee
der deutschen
Vereine zur Pflege
im Felde
verwundeter und
erkrankter
Krieger" wurde
von den
bestehenden 12 deutschen Landesvereinen
am 20. April 1869 gegründet.
Dieses Komitee nennt sich um in
"Zentralkomitee der deutschen Vereine vom
Roten Kreuz" am 13. Dezember 1879.
Weitere Konferenzen des Internationalen
Roten Kreuzes finden 1884 (Genf), 1887
(Karlsruhe), 1892 (Rom) und 1897 (Wien)
statt.
Am 6. Oktober 1898 wurde auf der ersten
Reichskonferenz in Stuttgart beschlossen,
dass sich alle (damals 26) Landesvereine
einheitlich "Landesverein vom Roten Kreuz"
nennen.
Aufgerüttelt durch die Kriege 1864 und
1870/71, sowie durch gezielte Informationen
und "Winke" von oben, wuchs in der
Bevölkerung der humanitäre Gedanke und
trug nachhaltig zur Verbreitung der Rot-
Kreuz-Idee bei.
War - aus den Reihen der Turnerschaft - in
Bendorf bereits 1880 die freiwillige
Feuerwehr zum Wohle der Allgemeinheit
gegründet worden, so stellten sich jetzt den
Mitgliedern der Feuerwehr weitere
Aufgaben, denen sie einfach nicht
gewachsen sein konnten. Ihre Aufgabe war
Rettung von Menschenleben, das Löschen
der Brände und die Sicherung von Hab und
Gut.
Armbinde der seit 1907 selbständigen
freiwilligen Sanitätskolonne vom Roten
Kreuz in Bendorf
Mit der Versorgung
und dem evtl.
Transport von
Verletzten waren
sie ganz einfach
überfordert.
Deshalb bildete
sich innerhalb der
Feuerwehr im Jahr
1894 eine Gruppe,
die sich entsprechend - unter Anleitung von
Herrn Dr. Halbey - weiterbildete. Die
Führung dieser Gruppe übernahm
Brandmeister Wilhelm Lang.
Offiziell wurde im November 1895 die
"Freiwillige Sanitäts-Colonne vom rothen
Kreuz Bendorf (Rh)" gegründet, die aber
weiterhin eine Abteilung der freiwilligen
Feuerwehr blieb.
Als Gründer sind noch bekannt:
•
Lang, Wilhelm, Hauptstr. 95 (1.
Kolonnenführer)
•
Schulz, Julius, Mühlenstr. 19 (1.
Kassierer)
•
Lotz, Karl, Mühlenstr. 10 (später 2.
Kolonnenführer)
•
Britz, Karl, Hauptstr. 171 (Schriftführer)
•
Becker, Peter, Danngasse 4
•
Keilmer, Jakob, Engerser Str. 21
Diese Hilfsorganisation bestand damals nur
aus Männern. Am 24. November 1907 wurde
die Kolonne von der Feuerwehr getrennt und
bestand nun als selbständige Einrichtung
weiter. Herr Wilhelm Lang war weiterhin als
Kolonnenführer und Herr Dr. med. Esch als
Kolonnenarzt tätig.
Abzeichen des Provinzial-Vereins der Rhein-
Provinz (vom Roten Kreuz)
Die
Sanitätskolonne
war ab diesem
Zeitpunkt sowohl
an den Provinzial-
und an den
Reichsverband
vom Roten Kreuz
angeschlossen.
Den Berichten der Bendorfer Zeitung sind
wiederholt Hinweise auf erfolgreiche
Hilfeleistungen zu entnehmen.
Es ist bekannt, dass die ersten Uniformen,
sowie Stempel und notwendige Papiere, aus
den privaten Mitteln der Mitglieder finanziert
wurden.
Armbinde, wie sie seit 1921 beim Deutschen
Roten Kreuz getragen wurde
Interessant
ist auch,
dass die
Armbinden
zuerst
neben dem
Roten Kreuz
(in der
Mitte) die
kreisförmige Aufschrift "Freiwillige
Sanitätskolonne vom Roten Kreuz Bendorf-
Rhein" trugen. Ab 1921 wurden nach und
nach die Armbinden ausgetauscht gegen
solche mit der Aufschrift "Deutsches Rotes
Kreuz". Nach dem 2. Weltkrieg durfte nur
noch das Rote Kreuz (ohne jeden weiteren
Zusatz) von Rotkreuz-Mitgliedern in
Deutschland auf den Armbinden geführt
werden (sofern nicht von der
Besatzungsmacht verboten, wie bei uns in
Bendorf bis 1947).
Im Jahr 1909 war die
Einrichtung von 9
Unfallhilfe-Stellen
(verteilt auf den
Bereich der Gemeinde
Bendorf) möglich. Die
am weitesten
außerhalb gelegene
befand sich am Hafen
und wurde von meinem
Großvater Julius
Schulz, der dort als Lademeister tätig war,
besetzt. Ab dem gleichen Jahr war im
"Depot" im Stadtpark jeden Sonntag eine
Wache von 2 Rotkreuz-Helfern in
Bereitschaft. Dieser Dienst wurde
abwechselnd geleistet. Genau so, wie die
Bereitschaft auf dem Bendorfer Sportplatz,
bei Heimspielen oder Sportfesten.
Da alle Krankentransporte nur mit der Trage
(wegen Wechsel mit 4 Personen) zu Fuß
durchgeführt werden mußten, kann man
sich schon die Belastung des einzelnen Rot-
Kreuz-Helfers bei einer solchen Hilfe-
Leistung vorstellen. Allein schon die
Wegstrecke von der Concordiahütte (wo - lt.
Bendorfer Zeitung - Hilfeleistung bei einem
Unfall einer Neuwieder Brückenbau-Firma
erforderlich wurde) zum Krankenhaus in
Bendorf stellt ohne Belastung schon eine
gewisse Anforderung an den Einzelnen. Wie
hoch muß dann die Belastung für die jeweils
2 Rotkreuzhelfer mit der Krankentrage, die
abwechselnd mit den beiden andern Helfern
den Verletzten "schleppen" mussten,
gewesen sein? Und das alles ehrenamtlich,
ohne einen Pfennig Lohn!
Was gehörte damals für ein Idealismus
dazu, den Dienst am Nächsten - in der
Freizeit - und nur (vielleicht!) für ein "Danke
schön" zu erbringen?
Freistellung von der
Arbeit oder
irgendeine Vergütung
für diese Einsätze gab
es natürlich nicht. Sie
waren das
"Vergnügen" der
ehrenamtlichen Helfer (und später auch der
Helferinnen). Deshalb ist es nur
verständlich, wenn die Rotkreuz-Kolonne am
4ten Juni 1912 die Bitte um einen Zuschuß
für eine fahrbare Krankentrage an das
Bürgermeisteramt Bendorf richtete.
Hierdurch seien - so die Begründung - nur 2
Helfer erforderlich und die immer mehr
zunehmenden Krankentransporte fielen
leichter, zumal die Transporte bis in die
Wohnungen und im Krankenhaus ebenfalls
bis ins Bett erfolgen müssten. Aufzüge gab
es damals noch nicht!
Durch Beschluß des Gemeinderates in der
Sitzung am 10. Juli 1912 (genehmigt durch
Kreisausschuß des Landkreises Koblenz)
wurde ein Zuschuß von 100,00 Mark zu den
Anschaffungskosten bewilligt, der aber erst
dann zahlbar war, wenn das Rote Kreuz
Bendorf -neben der Beteiligung der AOK
Bendorf - über die restlichen 100,00 Mark
verfügte. Somit war eine "Bettelei" der
Rotkreuz-Helfer von Tür zu Tür angesagt,
damit in dieser so armen Zeit möglichst bald
der Restbetrag nachgewiesen werden
konnte. Denn die Transporte erfolgten
kostenlos und deshalb war hier auch keine
Einnahmequelle vorhanden.
Ehrenkreuz in Silber des Preußischen Roten
Kreuzes Verdienst-Orden des Preußischen
Roten Kreuzes
Bezeichnend für den
damaligen Zeitgeist ist
auch, dass fast die
ganze Kolonne (in den
zivilen Uniformen)
freiwillig als Sanitäter
am 1. Weltkrieg
teilnahm. So stellte sie
- bis auf die Ärzte und
eine kath.
Ordensschwester - das
vollständige Personal
für das Lazarett in
Stenay (Frankreich).
Über entsprechende
Ehrungen und
Auszeichnungen für
diese Tätigkeit
berichtete die
Bendorfer Zeitung
wiederholt.
Zusammen mit der freiwilligen Feuerwehr,
die auf ihr 40jähriges Bestehen
zurückblicken konnte, feierte die freiw.
Sanitätskolonne vom Roten Kreuz ihr
25jähriges Jubelfest am 10. Oktober 1920 .
Am 25. Januar 1921 erfolgte der
Zusammenschluß aller deutschen
Landesvereine und Landesfrauenvereine zum
Deutschen Roten Kreuz e. V. mit Sitz in
Berlin.
Schild aus der Zeit des 1. Welt-Krieges das
bis 1930 verwandt wurde.
Auf Anfrage des
Bürgermeisteramtes
Bendorf bestätigte
Kolonnenführer Britz
am 30ten September
1921, dass die freiw.
Sanitätskolonne vom
Roten Kreuz in Bendorf aus 14
ausgebildeten Sanitätern und 5 in der
Ausbildung begriffenen Sanitätern bestehe.
Mit Schreiben v. 15ten Februar 1922
verwahrt sich der gleiche Kolonnenführer
beim Bürgermeisteramt Bendorf gegen den
"Befehl" , dass die Sanitätskolonne Träger
zu Beerdigungen stellen solle, was gegen
Zweck und Satzung verstoße. Auch habe er
als Kolonnenführer kein Recht zu einer
solchen Anweisung.
Bendorfer Rotkreuz-Helferinnen und Helfer
im "Gemänsgaade"
Bereits 1925 bietet
die freiw.
Sanitätskolonne vom
Roten Kreuz Kurse für
Frauen und Mädchen
in der Krankenpflege
an. Im gleichen Jahr
werden, nach einem Bericht in der
Bendorfer Zeitung, junge Männer für "diese
uneigennützige Vereinigung" gesucht.
Bendorfer Sanitätskolone um 1920.
Das 30jährige
Jubiläum wurde am
24. Mai 1925 mit
einem Festumzug,
einer Familienfeier
und einer großen
Übung - unter Beteiligung der freiw.
Feuerwehr Bendorf - begangen.
1928 dürften die ersten Helferinnen zum
Roten Kreuz in Bendorf gekommen sein.
Das "von oben" diktierte Abzeichen für das
Deutsche Rote Kreuz während der NS-Zeit.
Eine neue Satzung
des DRK wurde am
29. November 1933
und das DRK-Gesetz
am 23. Dezember
1937 verabschiedet,
nach dem mehrere
Versuche innerhalb
der SA eine dem
Roten Kreuz ähnliche
Organisation aufzubauen, gründlich
fehlgeschlagen waren. Diese SA-Ärzte und
anderen Helfer mußten im Roten Kreuz mit
"untergebracht" werden. Es wurde darauf
geachtet, daß führende Positionen von
Parteimitgliedern besetzt - oder wenigstens
kontrolliert - wurden. Auch wurde durch das
neue Abzzeichen des Deutsche Roten
Kreuzes die NS-Kontrolle dokumentiert,
zeigte es doch den Reichsadler mit dem
Hakenkreuz im Brustbereich und dem Roten
Kreuz in den Fängen.
Hiernach verlor das DRK alle
Wohlfahrtseinrichtungen. Eine neue Satzung
(aufgrund des DRK-Gesetzes) wurde am 24.
Dezember 1937 für das ganze Reichsgebiet
erlassen.
Aufgrund der mit dem DRK-Gesetz
verbundenen Neu-Ordnung wurde das Rote
Kreuz Bendorf verantwortlich und führend
für den rechtsrheinischen Teil des
Landkreises Koblenz.
Mit Bendofer RK-Helfern besetztes
Einsatzfahrzeug mit angekuppeltem Geräte-
Anhänger.
Als Folge von
Größe und
Ausbildungsstand
der hiesigen
Bereitschaften
wurde einer von
164
Großeinsatzwagen schwerpunktmäßig in
Bendorf stationiert. Das bedeutete, dass
neben den üblichen Rotkreuz-Aufgaben auch
für dieses Fahrzeug zusätzliches Personal
(aus den Reihen der Bendorfer Rotkreuz-
Bereitschaften) bereitgestellt werden mußte.
Einsatzbereit aufgebauter Op.-Anhänger (des
Rettungszuges) mit Bendofer RK-Helferinnen
und -Helfern bei der Vorstellung in Mainz im
Jahr 1940
Fuhr der
Mannschaftsbus
(oder Großraum-
Krankenwagen)
zunächst noch
mit Polizei-
Kennzeichen und
nur die beiden Hänger mit RK-Kennzeichen,
so änderte sich das im Jahr 1939. Ab diesem
Jahr erhielt auch der Bus RK-Kennzeichen
und ein Schild am Kühler, dass es sich um
ein Einsatzfahrzeug gem. der Genfer
Konvention handelt. Was ja auch zutraf, da
dieser Rettungszug nur für Verletzte und
Verwundete eingesetzt war (zuletzt bei der
Ardennen-Offensive) und die Besatzung nur
aus unbewaffneten Rotkreuz-Helferinnen
und -Helfern bestand.
Anfang der dreißiger Jahre des vergangenen
Jahrhunderts wurde das "Depot" durch eine
ehrenamtlich besetzte Hilfs-Stelle im Haus
des Hotels "Zur Post" in der Hauptstraße in
Bendorf ergänzt. Diese Hilfs-Stelle war
zusätzlich durch eine quer zur Fahrbahn
über den Bürgersteig ragende Rot-Kreuz-
Fahne gekennzeichnet. Sie stand sowohl
Durchreisenden als auch der Bendorfer
Bevölkerung zur Verfügung.
Nach 1933 wurde der ehrenamtliche Dienst
rund um die Uhr und an 7 Tagen in der
Woche aufrechterhalten. Hier sei auch
einmal der RK-Bereitschaftsführerin Clara
Rink gedacht, die sich förmlich für ihre
Mitmenschen aufopferte und ganz einfach
ausgedrückt "immer da war". Nach
Brandbombentreffer wurde diese Hilfsstelle
verlegt. Und zwar, in die Räume, in denen
sich heute das Optik-Geschäft Bichler
(Hauptstr.) befindet.
Ausgebildete Rotkreuz-Helferinnen, nach
abgelegter Abschlußprüfung, erstmals in
Dienstkleidung (1943) mit ihren
Ausbilderinnen und Ausbildern.
Durch den
Ausbruch des 2.
Weltkrieges
(1939) wurden
alle Rotkreuz-
Helferinnen und -
Helfer sehr oft
über die Grenzen
ihrer Leistungsfähigkeit gefordert. Galt es
doch in den Krankenhäusern und Lazaretten
in der Heimat der verletzten Bevölkerung
und den verwundeten Soldaten Hilfe und
Pflege zukommen zu lassen, sowie die
erforderlichen Transporte durchzuführen.
Und das sehr oft mit den primitivsten
Mitteln!
Auch musste Begleitung für
Kinderlandverschickung, Betreuung der
durchreisenden Soldaten usw. gestellt
werden. Der Suchdienst, im 1. Weltkrieg
bereits bewährt, lebte auch wieder auf.
Aber damit war es nicht getan. Neben
unzähligen Rotkreuz-Helferinnen und -
Helfern taten auch die Bendorfer Rotkreuzler
ihren Dienst am Nächsten in den Lazarett-
Zügen, auf den Hauptverbandsplätzen, in
den Lazaretten unmittelbar im Kriegsgebiet
oder gar als Sanitäter unmittelbar im
Kampfgeschehen.
Hier sei einmal all der Rotkreuz-Helferinnen
und -Helfer gedacht, die bei ihrer
selbstlosen Tätigkeit selbst verwundet
wurden, in Gefangenschaft gerieten oder gar
den Tod fanden!
Im Gegensatz zum Ende des 1. Weltkrieges
wurde das "Deutsche" Rote Kreuz nach Ende
des 2. Weltkrieges (am 25. September 1945
durch die westlichen Alliierten) verboten.
Einheitskrankenwagen, wie er im gesamten
Reichsgebiet ab 1940 eingesetzt wurde.
Bei uns, in der
französischen
Besatzungszone,
war sogar örtlich
das Rote Kreuz
verboten und
alles, was für die
Besatzung noch interessant erschien, wurde
beschlagnahmt. So ist heute nicht mehr
nachvollziehbar, was mit dem
Einheitskrankenwagen (seit 1943 in Bendorf
eingesetzt) und dem großen Rettungszug
geschehen ist.
Die Medikamente im Rotkreuz-Bestand
wurden dem Bendorfer Krankenhaus
übergeben, damit diese wenigstens noch für
die Bevölkerung eingesetzt werden konnten
und nicht auch noch den "Siegern" in die
Hände fielen.
Obwohl es kein "Deutsches" Rotes Kreuz
mehr geben durfte, wurde von engagierten
Helferinnen und Helfern des Roten Kreuzes
versucht sich der, durch den für die
Deutschen so unglücklichen Kriegsausgang
angehäuften Not und des Elends
anzunehmen und auch weiterhin Hilfe zu
leisten. Es galt besonders, die von der Front
oder aus der Gefangenschaft vielfach
verwundeten oder heimatlosen Soldaten, zu
betreuen. Besonders schwer war es, bei den
nicht mehr vorhandenen, fehlenden
Hilfsmitteln, den vielen Flüchtlingen und
Vertriebenen Erste Hilfe und Betreuung
zukommen zu lassen.
Der Wieder-Anfang der Rotkreuz-Arbeit nach
dem 2. Weltkrieg musste - gegen den
ausdrücklichen Willen der französischen
Besatzung und im Bewusstsein der Gefahr
"Erwischt zu werden" - mit den primitivsten
Mitteln erfolgen. Es stand für die
Helferinnen fast keine Schwesternkleidung
und für die Helfer keine Dienstkleidung mehr
zur Verfügung.
Weil keine Einsatztaschen mehr vorhanden
waren, wurden im Bekanntenkreis Brotbeutel
der ehem. Wehrmacht zusammengebettelt,
vom RK-Helfer Rudolf Dörner mit dem Roten
Kreuz kenntlich gemacht und nach und nach
mit Verbandmitteln usw. gefüllt. Fragen Sie
mich bitte nicht über das wie! Ich kann
Ihnen über die "Verrenkungen", die hierfür
erforderlich waren, keine Auskunft geben.
Nicht nur an den materiellen Mitteln fehlte
es, auch zeigten sich die französischen
Besatzungsbehörden überhaupt nicht an der
Arbeit des Roten Kreuzes interessiert. Im
Gegenteil. Wer erwischt wurde, musste mit
Haft rechnen. Verwendungsfähige
Materialien wurden beschlagnahmt.
Nur dem eisernen Willen (Vielleicht auch
"Gerade jetzt") einiger Helferinnen und
Helfer dürfte es zu verdanken sein, dass das
Rote Kreuz in Bendorf nicht unterging,
sondern wieder Fuß fassen konnte. Ich
denke besonders an Frau Elisabeth Friedrich,
geb. Kirchhöfer und meinen Vater, Otto
Michel sen., die hier in Bendorf weiterhin im
Geiste Henry Dunants tätig blieben. In
Mülhofen war der bereits im 1. Weltkrieg
schwer verwundete und deshalb im 2.
Weltkrieg nicht mehr eingezogene Johann
Schneider der Helfer, der "fürs Durchhalten"
weiterhin aktiv blieb und auch für den
Neubeginn stand.
Weil alle motorisierten
Krankentransportfahrzeuge beschlagnahmt
waren und von der Besatzungsbehörde keine
Unterstützung erfolgte, mussten von
Kriegsende bis ins Jahr 1948 alle
erforderlichen Krankentransporte mit der -
Gott sei Dank! - noch vorhandenen
fahrbaren Trage durchgeführt werden. Was
das bedeutet, ist für uns unvorstellbar.
Fahrbare Krankentrage, Abdeckung ist
abgenommen.
So mußten Frau
Friedrich und
mein Vater eine
Patientin im
Heinrich-Haus in
Engers abholen
und nach Hause
transportieren.
Nachstehend der
Ablauf: Mein Vater fuhr von der Wohnung
(Bendorf, Kirchplatz) mit dem Fahrrad zum
Stadtpark zur Holzbaracke um die fahrbare
Trage abzuholen. Von dort ging es in die
Concordiastraße und von dort zusammen mit
Frau Friedrich ins Heinrich-Haus nach
Engers. Von der Rheinau ging es bergab mit
der Trage und von Mülhofen nach Engers
über die ansteigende Straße wieder hinauf.
Vor dem Heinrich-Haus erfolgte das Abheben
der Trage vom fahrbaren Untergestell und
mit der Trage ging es ins Krankenzimmer.
Hier erfolgte das Lagern der Patientin vom
Bett auf die Trage. Dann ging es mit der auf
der Trage liegenden Patientin die Treppen
runter. Wer das einmal - mit Umsetzen der
Trage an den Treppenbiegungen und
möglichst waagerecht liegender Patientin -
gemacht hat, weiß um die damit
verbundenen Anstrengungen. Nach
Befestigung der Trage auf dem Fahrgestell
und der Abdeckung über der Patientin ging
es durch Mülhofen die Steigung zur Rheinau
hinauf immer bergan durch Engerser Str.,
Luisenstr., Siegburger Str., Mühlenstr.,
Wenigerbachtal usw. bis in eines der Häuser
neben dem Meisenhof.
Bei diesem Transport hatten Helferin und
Helfer "Glück", weil sie nicht von
französischen Soldaten kontrolliert wurden.
Diese "Kontrollen" sahen dann so aus, dass
der Patient - egal wie - von der Trage
musste und die fahrbare Trage gründlichst
untersucht wurde, was in etlichen Fällen
langwierigen Zusammenbau bedeutete.
Diese, in der Freizeit ausgeübte Tätigkeit, ist
für uns heute unvorstellbar. Ich frage mich,
wie viele Transporte gerade diese Beiden
durchgeführt haben. Aber, das dicke Ende
kommt noch! Beim Transport der Patientin,
über die hohe Außentreppe, zur Wohnung
wurden die Beiden noch ausgeschimpft, weil
sie so spät kamen. Auf ein Wort des Dankes
warten sowohl die Helferin als auch der
Helfer bis heute vergeblich. Und dann soll
noch einer Spaß am Ehrenamt haben!
Zeitaufwand der Beiden nur für diesen
Transport ca. 4 Stunden, da ja die
"Leerfahrt" bis zum Abstellen der fahrbaren
Trage im Stadtpark bei dieser Strecke auch
noch einmal sehr zeitaufwendig war.
Anmerken muß ich noch, dass alle
Wöchnerinnen und Liegend-Patientinnen und
-Patienten, die im Hedwig-Dransfeld-Haus
während des 2. Weltkrieges untergebracht
waren, ebenfalls mit dieser fahrbaren Trage
wieder ins Krankenhaus transportiert werden
mussten. Wie oft da wohl die Mühlen- und
Bachstraße befahren wurden? Über die Fuß-
und Muskelschmerzen "schweigt des Sängers
Höflichkeit"! Ich weiß auch gar nicht mehr,
an wie vielen Nachmittagen der Feierabend
für diese Transporte geopfert wurde.
Nach dieser "Erläuterung" weiter zum Alltag.
Inzwischen erfolgte (zusätzlich zur lfd.
Alltagsarbeit) - aufgrund der Spenden der
amerikanischen Quäker und aus der Schweiz
- die tägliche Kinder- und Schulspeisung, die
ebenfalls durch Rotkreuz-Helferinnen
erfolgte, während die Rotkreuz-Helfer für die
Heranschaffung und die anfallenden
Nebenarbeiten zuständig waren.
Der erste in Bendorf stationierte
Krankenwagen nach dem 2. Weltkrieg mit
Bendorfer RK-Helferinnen und -Helfern (in
Bereitschaft bei den Jugendspielen 1948 im
Sayner Schwimmbad).
Trotz aller
Schwierigkeiten
konnte das Rote
Kreuz schon
wieder mit
Helferinnen und
Helfern bei den im
Schwimmbad in Sayn (in mehreren
aufeinander folgenden Jahren)
stattfindenden Jugendspielen für die "Erste
Hilfe" sorgen. Hier war auch 1948 erstmalig
der vom Landkreis Koblenz beschaffte und
auf der Concordiahütte stationierte
Krankentransportwagen (Fahrer Moritz
Würges) zur Stelle.
Auch bei den ersten Radrennen nach dem
Krieg in Bendorf sorgten - entlang der
gesamten Strecke - Bendorfer Rotkreuzler
für die "Erstversorgung".
Seit 1947 drückte die französische
Besatzung gegenüber den
Hilfsorganisationen "ein Auge zu", so dass
gewisse Hilfsmaßnahmen geduldet waren,
wenn auch nicht unter der Bezeichnung und
dem Zeichen des Roten Kreuzes.
Am 4. Februar 1950 erfolgte die
Neugründung des Deutschen Roten Kreuzes
in der Bundesrepublik Deutschland auf dem
Rittersturz in Koblenz, dem auch die
Bendorfer Bereitschaften angehören.
Die Anerkennung des DRK in der
Bundesrepublik Deutschland durch das
Internationale Komitee vom Roten Kreuz
wurde am 25. Juni 1952 ausgesprochen.
Und hier noch weitere Beiträge die sich mit
der Geschichte des Bendorfer Roten Kreuzes
befassen:
Johann Schneider - Ein Menschenfreund
DRK - Rettungszug war in Bendorf
stationiert
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