Geschichtlicher Rückblick
Bendorf am Rhein
Der nachfolgende Aufsatz ist erschienen in:
«Heimat in vergangenen Tagen»
von Peter Pius Ohlig
(1865 -1953)
Bendorf, 1951, 100 S
"Nur der, dem seine Heimat lieb und teuer ist,
wird mit warmem Herzen ihr ergeben sein
und in der Liebe zu ihr stets den Ansporn
und die Kraft finden, für sie zu streben."
P.P.Ohlig
Bendorf
wurde
in
den
ersten
Jahrhunderten
Bedindorp
und
auch
Bedendorf
genannt.
Die
Bedeutung
von
Bendorf
im
Mittelalter
wird
wohl
am
deutlichsten
bewiesen
durch
die
Namen
wohlhabender
Bürger
und
adeliger
Geschlechter,
die
uns
aus
dem
14.,
15.
und
16.
Jahrhundert
überliefert
sind.
In
alten
Urkunden
werden
als
wohltätige
Bürger
aufgeführt:
Balthasar
Molitoris,
der
Schöffe
Jakob
Mörsch,
Hermann
Mant
von
Limpach,
Hermann
von
Betindorp,
Heinrich
von
Limpurg,
Johannes
Moor
von
Bettindorp,
Bonifatius
von
Bedendorf,
die
Familien
Scoltus
und
Ludemann,
Kanzler
des
Kurfürsten
Johann
von
Baden.
Der
berühmte
Abt
von
Rommersdorf,
Kraffte,
stammte
ebenso
wie
Theoderich,
Bischof
von
Worms,
der
am
1.
Januar
1580
nach
28-jähriger
Regierung
starb,
aus
der
adeligen
Familie
von
Bettendorp.
Des
letzteren
Denkmal
steht
auf
der
linken
Chorseite
des
Domes
zu
Worms.
Im
Bürgertum
unseres
Städtchens
wurde
Handel
und
Gewerbe
fleißig
gepflegt,
Ein
ausgedehnter
Weinbau
wurde
betrieben.
Die
Kurfürsten
von
Trier,
Jakob
von
Baden
(1508)
und
Richard
von
Greiffenklau
(1511)
befreiten
die
handeltreibenden
Bürger von Bendorf vom Moselzoll.
Der
Handwerkerstand
war
in
Zünften
zusammengeschlossen
und
übte
seine
Standesrechte
in
drei
Gliederungen
aus:
der
Faßbinder-,
der
Hammer-
und
der
Rotgerberzunft.
Zur
Faßbinderzunft
gehörten
die
Böttcher
und
Weinküfer;
zur
Hammerzunft
die
Schmiede,
Schlosser,
Schreiner,
Zimmerer,
Maurer
und
Anstreicher;
zur
Rotgerberzunft
die
Gerber,
Schuhmacher
und
Sattler.
Die
Faßbinderzunft
lebt
heute
noch
in
der
Thomasbruderschaft
fort,
Nach
dem
Bruderachaftsstatut
soll
laut
Vermerk
aus
dem
Jahr
1638,
die
Zahl
der
Mitglieder
20
und
4
betragen
(die
doppelte
Zahl
des
Apostelkollegiums,
in
welchem
die
Brüder
und
die
Brüdermeister
ein
Vorbild
für
ihren
Lebenswandel
erblicken
sollen),
Die
Hammerzunft,
in
der
sich
haupsächlich
das
Baugewerbe
vereinigte,
bestand
bis
zu
Anfang
des
19.
Jahrhunderts.
Das
Bendorf
zu
der
damaligen
Zeit
ein
durch
Handel
und
Gewerbe
hervorragender
Ort
war,
geht
aus
der
Verleihung
des
Marktrechtes
hervor,
welches
1560
auf
Betreiben
des
Grafen
Adolf
von
Sayn
durch
Kaiser
Ferdinand
I.
erfolgte.
Die
Urkunde
darüber
ist
ausgestellt
in
Wien
am
20.
September
1560.
Beinahe
400
Jahre
haben
die
Bendorfer
Märkte
stattgefunden,
bis
der
Krieg
auch
ihnen,
wie
so
vielen
anderen,
wenn
auch
nicht,
wie
wir
Bendorfer
hoffen,
für
immer,
so doch ein zeitweiliges Ende gemacht hat.
Im
16.
und
17.
Jahrhundert
trat
durch
Erbschafts-
und
Lehnsstreitigkeiten
öfterer
Besitzwechsel
in
den
einzelnen
Landesteilen
der
Grafschaft
Sayn
ein.
Die
Abtei
Laach
machte
nach
dem
Tode
des
1636
als
Kind
verstorbenen
Grafen
Ludwig
von
Sayn
Eigentumsansprüche
auf
Bendorf
und
nahm
am
30.
6.
1636
mit
kurkölnischer
Hilfe
Bendorf
in
Besitz.
Sie
gründete
ihre
Besitzrechte
auf
die
Schenkung
des
Pfalzgrafen
Heinrich
aus
dem
Jahre
1093
und
behauptete,
daß
dem
Grafen
von
Sayn
nur
die
Schutz-
und
Schirm
-
Gerechtigkeit
zugestanden
habe
während
das
Eigentum
ihr
kraft
einer
"Fundation
Henerici
Comitis
Palatini
Rheni
et
domini
de
Lacu
de
Anno
1093"
gehöre
und
sie
das
Schutzrecht
nach
dem
Erlöschen
des
Mannesstammes
im
Sayner
Grafengeschlecht
nun
selbst
auszuüben
berechtigt sei.
Laach
ließ
seine
Wappen
anschlagen
und
sich
in
Gegenwart
eines
kaiserlichen
Notars
und
zweier
Zeugen
von
den
Einwohnern
huldigen.
Das
Gericht
wurde,
wie
es
bisher
in
Bendorf
bestanden,
mit
dem
nötigen
Stadthalter,
dem
Gerichtsschreiber,
den
Schöffen und Frohnen besetzt.
Diese
Besitznahme
Bendorfs
durch
Laach
gab
den
Anlaß
zu
einem
bis
1790
mit
Waffen
und
Advokaten
geführten
Prozeß,
der
jedoch
unentschieden
blieb,
Außer
Laach
traten
eine
ansehnliche
Zahl
von
Interessenten
auf,
welche
nach
dem
Besitz
der
Herrschaft
Bendorf
strebten:
Unter
ihnen
hauptsächlich
die
Grafen
Sayn-
Wittgenstein,
Kurtrier,
Kurpfalz,
Sachsen-
Eisenach
und
die
Königin
von
England.
Ein
Beweis
mehr,
daß
Bendorf
in
jener
Zeit
ein
wohlhabender und begehrter Ort war.
Am
28.
November
1636
erhielt
das
altehrwürdige,
1204
erbaute
Gotteshaus
durch
Kaiser
Ferdinand
III
das
Protektorium
Caesareum,
den
kaiserlichen
Schutz,
unter
Androhung
hoher
Strafen
gegen
jedermann,
der
es
wagen
würde
dieses
in
dem
ergriffenen
Besitz
des
Fleckens
Bendorf
zu
stören.
Als
Erbauer
der
alten
romanischen
Kirche
werden
die
Grafen
Heinrich
und
Bruno
von
Sayn,
der
Burggraf
Ludwig
von
Hammerstein
und
die
Ritter
Theoderich
von
Hadamar
und
Wippert
von
Rübenach
genannt.
Der
Miterbauer
Graf
Bruno
von
Sayn
war
damals
Probst
in,
Bonn
und
Pastor
von
Bendorf
und
Engers.
Er
starb
1208
als
Erzbischof von Köln.
Zur
Unterhaltung
des
in
Bedendorf
(Bendorf)
residierenden
Vikars
dienten
die
Einkünfte
aus
12
Morgen
Ackerland,
dem
Zehnten
in
Bendorf
und
Stromberg,
2
Morgen
Weinberg,
ferner
standen
ihm
zu:
jährlich
4
Malter
Gerste,
3
Ohm
Wein,
der
sogenannte
kleine
Zehnte
von
Geflügel,
Eier
und
Gartenpflanzen.
1468
schenkte
Ritter
Hermann
von
Limbach,
der
in
Bendorf
wohnte
und
ohne
Erben
starb,
sein
ganzes
Vermögen
zur
Stiftung
einer
Kaplanei.
Um
den
Besitz
des
Gotteshauses
wogte,
seit
Ende
des
16.
Jahrhunderts,
durch
den
Religionswechsel
des
Grafen
Heinrich
IV.
zu
Sayn
ein
Kampf
zwischen
den
bisherigen
Besitzern,
den
Katholiken
und
den
von
ihrem
Landesherren
begünstigten
Anhängern
der
neuen
Lehre,
den
Lutheranern.
Die
letzteren
hatten
1624
die
Kirche
inne,
mußten
sie
nach
der
Besitzergreifung
durch
Laach
wieder
den
Katholiken
überlassen,
welche
dann
auf
ihr
Anrecht
1651
-
nachdem
auf
Grund
des
Art.
4,
§
36,
des
Westfälischen
Friedens
der
Gräfin
Louisa
Juliana,
Witwe
des
Grafen
Ernst
von
Sayn,
Bendorf
zugesprochen
worden war - verzichten mußten.
Ungeachtet
der
obengenannten
kaiserlichen
Verordnung,
drang
der
Freiherr
von
Metternich
am
5.
Februar
1638
mit
seinen
Soldaten
in
Bendorf
ein,
verdrängte
Laach,
entfernte
die
Hoheitszeichen
der
Abtei
und
erklärte
im
Namen
des
Kurfürsten
von
Bayern,
als
dem
Landesherrn
der
Pfalz,
Bendorf
als
pfälzisches
Lehen.
Die
der
Abtei
Laach
treugebliebenen
Einwohner
wurden
durch
Hunger
und
andere
gewaltsame
Mittel
zur
Huldigung
gezwungen.
Von
der
Abtei
Laach
erwirkte
kaiserliche
Mandate
vom
16.
November
1638,
10.
Juni
1639,
17.
Oktober
1639,
1.
Dezember
1645,
Bendorf
sofort
zu
räumen,
wurden
von
Metternich
nicht
beachtet,
da
der
30-jährige
Krieg
die
Reichsgewalt
fast
vollständig
geschwächt
hatte.
Von
einem
anderen
Überfall
fremden
Kriegsvolkes
in
Bendorf
berichtet
der
Bendorfer
Vogt
Nikolaus
Vadeler
im
Jahre
1632 wie folgt:
Designation...
und
Verzeichnis,
was
bei
dem
plötzlichen
Ein-
und
Überfall
des
Braunfeldischen
Volkes,
so
am
16.
Mai
1632
allhier
zu
Bendorf
über
Nacht
gelegen
und
in
höchster
Wahrheit
als
1000
Personen
und
über
156
Pferde
sampt
anderem
Troß
gewesen.,
und
ist
solche
Gewalt
schweren
Einfall
desto
verderblicher,
weil
um
solchen
Volkes
halber
keine
Leut
gewußt,
bis
es
hart
vor
den
Pforten
gewesen,
deren
Ursachen
niemand
gewußt noch fortgeschafft werden können.
Das
Verzeichnis
führt
dann
alle
betroffenen
Bürger
namentlich
auf
und
gibt
einen
erschrecklichen
Überblick
über
alles,
was
bei
dem
unerwarteten
Überfall
beschlagnahmt
und
geplündert
worden
ist.
Unter
anderem
heißt es:
"geld,
so
mit
entwendet
und
geraubt
worden
ist
230
fl.
Ahn
Wein,
weil
die
Nachbarn
entwichen
waren,
ist
aus
dem
Keller
getragen
und
gesoffen
im
Haus
worden,
ongefähr
2
Ohm.
Jtem
haben
sie
mir
genommen
3
Spanferkel,
5
fette
Gantz,
dieselben
wert
sind
weiß
ich
auch
nit.
Jakob
Kohl
ist
ausgewischen
gewesen:
1Fendrich,
sampt
etl.
Persohnen,
Pferde,
Weiber,
Kinder
gehabt,
ist
ihn
allein
am
Wein
uffgegangen
111/2
Ohm,
ahn
Kost
und
Futter,
darneben
ihme
ein
Federdeckbett
gestohlen,
ingleichen
2
Kessel,
ein
Schwein
getötet,
Fütterung
Hafer
und
Heu,
l
großer
Krug
mit
Essig,
Butter
l1/2
Maß
43
R.
Johannes
Scheffler,
so
Wein
in
seinem
Keller
liegen
gehabt,
aber
von
Soldaten
uffgebrochen
und
ahn
3
Ohm
herausgetragen.
H.
Haas,
so
alle
an
Geld
und
Geldswerth
heimlich
verborgen
gehabt,
aber
gefunden
und
gestohlen,
was
in
allem
93 R. (Reichstaler) . .
Am
Schluß
der
langen
Aufzeichnungen,
von
denen
der
kurze
Auszug
ein
kleines
Bild
der
an
den
Bürgern
verübten
Gewalttaten
gibt,
schreibt Vogt Vadeler:
"Sonntag
zu
Mittag
ist
der
Obristwachtmeister
uffgebrochen,
ihme
34
Reichstaler
geben
müssen,
weil
die
Kirchenplünderung
verschont
worden.
Der
Ahnfang
ist
Samstag,
der
Aufbruch
aber
Sonntag
geschehen.
Über
die
Soldaten
wird
nit
so
große
Klage
geführt
als
über
die
Fuhrleut.
Alles
uffgepackt
und
gestohlen,
waren bei der Rückkehr schwer beladen,"
In
den
sieben
Jahren
der
Gewaltherrschaft
des
Freiherrn
von
Metternich
wurde
den
Einwohnern
von
Bendorf
übel
mitgespielt.
Wichtige
Schriftstücke
und
Urkunden
wurden
vernichtet
und
gingen
unwiderbringlich
verloren.
Ein
wertvolles
Stück
des
Bendorfer
Stadtwaldes
in
der
Größe
von
100
Morgen
wurde
dadurch
Bendorf
genommen.
Die
Ursache
dieses
Verlustes
liegt
um
18
Jahre
vor
dem
Einbruch Metternichs zurück.
Der
Verwalter
des
Grafen
von
Isenburg
zu
Grenzau
ließ
durch
sein
Gesinde
in
diesem
Stück
Wald
unberechtigterweise
das
Vieh
weiden
und
ohne
Erlaubnis
Holz
entnehmen.
Da
den
Bendorfer
Mahnungen,
dies
zu
unterlassen,
nicht
nachgekommen
wurde,
pfändeten
die
Bendorfer
das
im
Wald
angetroffene
Vieh
und
trieben
es
nach
Bendorf.
Darüber
geriet
der
Graf
von
Isenburg
in
Wut
und
nahm
2
Bendorfer
Bürger
sowie
2
Gerichtsschöffen
gefangen,
warf
sie
in
ein
finsteres
Verließ
der
Grenzauer
Burg,
verlangte
von
Bendorf
1000
Reichstaler
Strafe
und
650
Gulden
Unkosten.
Da
Bendorf
nicht
zahlte,
nahm
er
aus
dem
in
der
Pfalz
befindlichen
Kriegsheer
Spinolas,
dem
sein
Regiment
angehörte,
zwei
Kompagnien
Soldaten,
quartierte
sie
in
Bendorf
ein
und
ließ
diese
nun
nach
Gefallen
hausen.
Sechs
Wochen
lang
wurden
die
Einwohner
drangsaliert.
Der
damalige
Schaden
wurde
auf
10-12000
Gulden
berechnet.
Alle
Bemühungen,
die
unschuldig
eingekerkerten
Bürger
zu
befreien,
scheiterten
obwohl
dem
Isenburger
eine
hohe
Kaution
bis
zur
Entscheidung
des
Streites
für
die
Freilassung
geboten
worden
war.
Der
Graf
von
Isenburg
verlangte
den
100
Morgen
großen
Teil
des
Bendorfer
Waldes.
Jahr
und
Tag
zogen
sich
die
Bemühungen
hin.
Zwei
der
Gefangenen
starben
eines
elenden
Todes,
Um
die
beiden
anderen
zu
retten,
unterzeichneten
Bürgermeister
und
Schöffen
den
erpreßten
Verzicht
auf
den
Waldteil
"Frankenhard"
der
sich
jetzt
im
Besitz
der
Gemeinde
Nauort
befindet
und
heute noch Bendorfer Ort genannt wird.
Durch
die
Wirren
des
30-jährigen
Krieges
konnte
die
Bürgerschaft
ihre
Rechte
nicht
geltend
machen
und
eine
Gutmachung
des
Unrechts
nicht
erreichen.
Der
Kaiser,
an
den
man
sich
gewandt
hatte,
verwies
die
Sache
an
den
1651
in
Nürnberg
versammelten
Reichskonvent.
Da
jedoch
die
von
Freiherrn
von
Metternich
während
der
Invasion
verschleppten
Urkunden
nicht
herbeigeschafft
werden
konnten,
blieb
das
Unrecht bis auf den heutigenTag ungesühnt.
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