Das Mahnmal an der Jacoby'schen Anstalt
in Bendorf-Sayn
Den Ermordeten zur Ehre - den Lebenden zur Mahnung
Eine Fotoliste zum Bericht
1995 veröffentlichte der
US-amerikanische
Historiker Henry
Friedländer eine
umfangreiche Studie
über das faschistische
Mordprogramm
"Unwertes Leben": 1997
erschien im Berlin-Verlag
die deutsche
Übersetzung
Friedländer geht in seiner Studie auch auf
die Vorgeschichte des faschistischen
Genozid im 19.Jahrhundert ein.
Auf dem hier
abgebildeten
Buchumschlag ist im
unteren Teil der Brief
Adolf Hitlers an seinen
Leibarzt Dr. Brand, mit
der Anweisung zum
"Euthanasie-Programm",
abgedruckt.
"Zum ehrenden Gedenken der 573
jüdischen Frauen und Männer aus der
ehemaligen Jacoby'schen Heil- und
Pflegeanstalt Sayn und der Stadt Bendorf,
die 1942 in die nationalsozialistischen
Vernichtungslager deportiert und dort
ermordet wurden"
klein unten: November
2002
(linke Stele, Steingröße
175 x 60 cm
"Friede, Friede, denen in
der Ferne und denen in
der Nähe, spricht der
Herr, ich will sie heilen -
Jesaja 57,18
klein an der Seite: COHEN - OR
(rechte Stele, Steingröße 200 x 60 cm)
Am Buß- und Bettag
1979 wurde in der
Judengasse in Bendorf.
von den christi.
Kirchengemeinden
Bendorfs angeregt und
gestiftet, die obere,
kleine Gedenktafel
enthüllt.
Der Eingangsbereich
zu dem heute
"Wintergarten"
genannten
Verbindungstrakt
zwischen den
Haupthäusern der
Anstalt.
Der heutige Innenhof
der ehemaligen
Jacoby'schen Anstalt
Hier Traitsportfahr-
zeuge für die
körperbehehinderten
Schüler der
Christiane-Herzog-Schule (Sonderschule)
der St.-Josefs-Gesellschaft Köln
Die Kapelle in den
Parkanlagen der
ehemaligen
Jakoby'schen Anstalt.
Die Salesianer
unterhielten nach dem
2. Weltkrieg in der
ehemaligen Jacoby'schen Anstalt ein
Schulinternat für Jungen und errichteten in
den 70er Jahren in der Parkanlage eine
Kapelle.
Der Vorstand des
Vereins “Mahnmal
Jacoby´sche Anstalt”
v. links;
Dieter Kittlauß,
Dietrich Schabow,
Hajo Stuhlträger,
Herrmann Rosenau, Dieter Klöckner, Paul
Freialdenhoven.
Auf dem Foto fehlt Franz-Josef Welter.
Porträt des Künstlers Benny
Cohen - Or
1940
geboren in Bagdad/lrak als Sohn
jüdischer Eltern
1951
Einwanderung nach Israel
1963-66 dramaturgische Ausbildung im
Schauspielstudio Nissan-Nativ in
Tel-Aviv
1967-70
freischafender Künstler Stipendium
des Amerika-lsrael-Kulturpreises
ab 1970 Studienaufenthalt in London
1978
Übersiedlung in die
Bundesrepublik Deutschland.
Wohnsitz und Atelier in
Bendorf/Rhein
1979
Deutsche Staatsbürgerschaft
Einzel- und Gruppenausstellungen
in Israel, Deutschland und
international seit 1974
1988
Deutsche Staatsbürgerschaft
Einzel- und Gruppenausstellungen
in Israel, Deutschland und
international seit 1974
Die Gebäude der
Jacoby'schen
Heilanstalt um 1890
( aus Schabow;
Geschichte der Juden
in Bendorf. 5.14)
Das
Hauptgebäude der
Jacoby'schen
Heilanstalt um
1890
(aus Schabow; Geschichte der Juden in
Bendorf. S.14)
Institut für geistig
zurückgebliebene
Kinder. Ein separiertes
Gebäude der
Jacoby'schen
Heilanstalt um 1890
(aus Schabow;
Geschichte der Juden in Bendorf. S.14)
Villa für
Leichtverstimmte.
Separiertes Gebäude
der Jacoby'schen
Heilanstalt um 1890
(aus Schabow;
Geschichte der
Judenin Bendorf. S.14)
Jacoby'schen
Heilanstalt
um 1890
(Ausschnitt)
Israelitische Heil- und
Pflegeanstalten
Bendorf-Sayn
Jacoby'sche
Anstalt auf einer
alten
Ansichtskarte
(vor dem 2.
Weltkrieg)
Der rote Kreis zeigt
den Standort des
Mahnmals Blick auf
die Gebäude der
ehem. Jacoby'sche
Anstalt auf einer
Ansichtskarte von
1974
Dr. med. Paul Jacoby (Jan.
1940)
(aus Schabow; Gesch. d.
Juden in B. S. 16)
Die Familie Jacoby im Jahr
1951 in Bad Ems.
von links: Dr. med. Paul
Jacoby †, Dr. med. Fritz
Jacoby †
(aus Schabow: Gesch d.
Juden in B. S.17, hier auch
weitere Angaben)
Gedenktafel im Foyer
(Wintergarten) der
ehem. Jacoby'schen
Anstalt
( Zum Gedenken an die hochangesehene
Familie Jacoby, die in diesen Häusern mit
einzigartiger Hingabe über Jahrzehnte die
Kranken umsorgte.)
Dr. Wilhelm Rosenau
wurde 1898 geboren. Wie die
meisten seiner
Klassenkameraden zog er als
Freiwilliger in den 1. Weltkrieg.
Hier wurde er verwundet und
durch Gas vergiftet. Er studiert
Medizin und engagiert sich bei den
Guttemplern, um Alkoholkranken zu helfen.
1924 Heirat. Den Eltern werden drei Kinder
geboren. Er arbeitet als Landarzt, absolviert
eine psychiatrische Facharztausbildung und
erhält eine staatliche Anstellung.
Am 24. Januar 1935 wird er aufgrund der
Rassengesetze entlassen und übernimmt
wieder eine Dorfpraxis in Niederschlesien,
die er aber im September 1938 aufgeben
muss. Den Titel "Arzt" darf er nicht mehr
führen. Durch die "Reichsvereinigung der
Juden in Deutschland" erhält er eine
Anstellung als "Leitender
Krankenbehandler" in den Jacoby'schen
Anstalten in Bendorf - Sayn. Nach dem
Abtransport aller Patienten in die
Konzentrationslager darf er dank der
Bemühungen des Verwaltungsleiters
Kochanek in der leeren Anstalt bleiben und
versorgt die Häuser.
Unmittelbar nach dem Krieg übernimmt
Wilhelm Rosenau eine Arztpraxis in Sayn
und Engers und wird später
Medizinaldezernent im Regierungsbezirk
Montabaur. Er stirbt 1968 und wird in
Montabaur im Schatten des Schlosses, wo er
seinen letzten Arbeitsplatz gehabt hat,
begraben.
Der Eingangsbereich zum jüd.
Friedhof in Bendorf
Impressionen vom jüd. Friedhof in Bendorf
Gedenkstein für die
jüdischen Opfer des
Nazi-Terrors auf dem
jüd. Friedhof in Sayn
Zentrale Gedenkfeier
zum Volkstrauertag
auf dem jüdischen
Friedhof in Bendorf.
(im 1974)
Am Bus- und Bettag
1979 wurde in der
Judengasse in
Bendorf. von den
christl. Kirchenge-
meinden Bendorfs
angeregt und
gestiftet. die obere. kleine Gedenktafel
enthüllt.
Die Gedenktafel in der
Judengasse in Bendorf
Übertragener Originaltext aus
nebenstehendem Dokument
Damit
Moralität
und
Gottes-
furcht
zu
Bendorf
erhalten
und
befördert
werde,
haben
wir
unterzeichnete
Vorsteher
der
Synagoge
und
der
ganzen
israelischen
Gemeinde
zu
Bendorf,
unserer
von
der
Hochlöblichen
Regierung
zu
Coblenz
ertheilten
Vollmacht,
nachstehendes festgesetzt
1
Kinder unter vier Jahren dürfen in der
Synagoge nicht erscheinen
2 Jeder Familienvater oder sonstige
Kindererzieher muß seine Zöglinge bei
sich halten und nicht in der Synagoge
herum laufen lassen
3
Kinder über 13 Jahren dürfen an Ruhe-
und Feiertagen mit keiner Jacke in der
Synagoge erscheinen.
4
Während des Gottesdienstes und
Aufliegens der zehn Gebote, ist jedem
untersagt sich von seinem Platze zu
entfernen um seinem Nachbarin der
Synagoge zu sprechen, und zwar von
Eröffnung des Gebetes bis nach Schmona
Esra und während der Vorlesung der Tora
bis zum Schlusse des Gebets Oleno: es
sei denn daß er sich aus der Synagoge
entfernte.
5
Erwachsene Mädchen dürfen in der
Synagoge der Männer nicht erscheinen
6
Entsteht eine Streitigkeit zwischen zwei
oder mehreren, so werden selbige dem
Herrn Bürgemeiser angezeigt, worauf sie
eine Polizei = Strafe zu erwarten haben.
7
Bezahlt einer seinen ihm rechtmäßig
zugeteilten Beitrag der Synagoge oder
Almosengelder nicht in gehöhger Zeit, so
wird selbiger aller in der Synagoge statt
habenden Ehren verlustig erklärt und die
Beträge durch die höhere Behörde
eingezogen.
8
Ist der Almosen = Erheber verpflichtet,
alle Monate, die ausstehenden Gelder zu
erheben.
9
Wird hiermit festgesetzt daß alle
Vergehungen gegen die obigen Gesetze
nach Maßgabe mit einer Geldstrafe
bestraft die in die Almosen=kasse gezahlt
wird
Bendorf, den 1.November 1828
DerVorsteher derSynagoge und der
israelischen Gemeinde
J. L. Hertz Isaias Moses
Vorstehende Verordnung wird hiermit von
mir bestätigt und haben die unterzeichneten
Vorsteher auf die Befolgung und
Aufrechterhaltung derselben, streng zu
wachen.
Bendorf, den 1. November 1828
Der Bürgermeister,
Simon
Ein jüdischer Junge zündet die Kerzen des
Chanucka-Leuchters an und spricht
folgende Gebete :
•
Diese
Lichter
zünden
wir
an
ob
der
Wunder,
Siege
und
allmächtigen
Taten,
welche
du
für
unsere
Väter
vollbracht
durch
deine
heiligen
Priester.
Alle
acht
Chanuckatage
sind
diese
Lichter
geweiht,
und
ist
uns
nicht
erlaubt,
sie
zu
benutzen,
wir
dürfen
sie
nur
betrachten,
um
deinem
Namen
zu
danken
für
deine
Wunder,
deine
Hilfe
und
deine
allmächtigen Taten.
•
Gelobt
seist
du,
Ewiger,
unser
Gott,
König
der
Welt,
der
du
uns
geheiligt
durch
deine
Gebote
und
uns
befohlen,
das Chanukkalicht anzuzünden.
•
Gelobt
seist
du,
Ewiger,
unser
Gott,
König
der
Welt,
der
du
Wunder
erwiesen
unseren
Vätern
in
jenen
Tagen
zu
dieser
Zeit.
Ein Beispiel der antijüdischen Hetz-
Kampagne der SA (aus Ginzel, Jüd. Alltag. S.
59)
Rhein-Zeitung Koblenz 6.Nov. 1998
Bendorf - Angst vor Feuer rettete die
Synagoge.
Studenten aus Haifa spürten in
Bendorf der jüdischen Tradition
nach - Schwere Verwüstungen
Elf
israelische
Studenten
aus
dem
Raum
Haifa
waren
mit
ihren
Gastgebern
nach
Bendorf
gekommen,
um
sich
über
das
frühere
jüdische
Leben
in
einer
Kleinstadt
zu
informieren.
Es
war
ein
Gegenbesuch
auf
Einladung
der
Evangelischen
Studentengemeinde
und
Katholischen
Hochschulgemeinde Koblenz.
von Otto Schwenkmezger
BENDORF.
60
Jahre
ist
es
her,
daß
im
Nazideutschland
über
jüdischen
Synagogen
die
Feuer
loderten.
,,Hier,
in
Bendorf,
blieb
die
Synagoge
wohl
nur
wegen
der
engen
Bebauung
der
Innenstadt
vor
diesem
Schicksal
bewahrt",
erläuterte
Dietrich
Schabow
als
Sachkenner
der
Geschichte
der
Juden
in
Bendorf.
Wenn
auch
keine
Brandfackeln
flogen,
so
gab
es
doch
Verwüstungen,
und
Steine
flogen
in
die
Synagoge
und
das
Textilgeschäft
Feist
an
der
Ecke
Haupt-
und
Bachstraße.
Schabow
wußte
von
vielen
Juden
zu
berichten,
die
sich
geradezu
als
patriotische
Deutsche
fühlten
sowie
von
Zeichen
der
Solidarität
mit
den
jüdischen
Mitbürgern.
Nazihetze
und
Pogrom
machten
diesen
Verbindungen
jedoch
am
9.
und
10.
November
1939
den
Garaus.
Da
war
beispielsweise
die
Geschichte
von
Dr.
Renzel,
der
sich
durch
die
SA-Absperrung
einen
Weg
bahnte,
um
den
schwerkranken
Manfred
Cahn
zu
besuchen.
Cahns
Beerdigung
am
2.
April
1939
gestaltete
sich
zur Demonstration gegen die Machthaber.
Welch
lange
Tradition
das
jüdische
Leben
in
Bendorf
hat,
wurde
den
jungen
Besucherinnen
und
Besuchern
auf
dem
jüdischen
Friedhof
bewußt.
Urkundlich
erwähnt
ist
er
seit
1679.
Das
älteste
noch
vorhandene
Grab
stammt
aus
dem
Jahre
1746.
1913
schenkte
Textilhändler
Salomon
Feist
der
Kultusgemeinde
die
Erweiterung
um
elf
Ar
und
ließ,
wohl
nach
dem
um
die
Jahrhundertwende
berühmten
Bild
,,die
Toteninsel"
von
Arnold
Böck,
den
Treppenaufgang bauen.
,,Es
findet
sich
nichts
Ähnliches
in
Deutschland",
betonte
Schabow.
Gedrückte
Stimmung
herrschte
unter
den
Jugendlichen,
als
sie
zum
Abschluß
im
Kemperhof
der
Salesianer,
der
einstigen
israelischen
Heil-
und
Pflegeanstalt,
erfuhren,
daß
ab
dem
Jahre
1940
hier
für
die
Juden
der
Region
ein
Sammellager
eingerichtet
war
zum
Abtransport
in
die
Konzentrationslager.
Der
bekannte
Dichter
Jakob
van
Hoddis
(1887-
1942)
war
auch
darunter.
,,Dankbarkeit
ist
unter
den
israelischen
Studenten
spürbar,
daß
sie
hier
Menschen
fanden,
die
die
Geschichte
der
Juden
wachhalten",
bemerkten
die
Leiter
der
Gruppe,
Pfarrer
Martin
Becker
und
Rita
Welle,
beim
Abschied.
Nachsatz:
Das
Synagogengebäude
wurde
demoliert
und
zweckentfremdet
missbraucht
und verfiel nach und nach.
Die
jüdische
Gemeinde
wurde
auch
in
Bendorf ausgelöscht.
Nach
dem
2.Weltkrieg
wurde
das
ganze
Viertel
in
den
60er
und
70er
Jahre
baulich
verändert.
Heute
erinnert
nur
noch
eine
Erinnerungstafel
an
den
Standort
der
Synagoge. (D.K.)
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