Revolutionswirren 1848 in Bendorf
Bendorf am Rhein
Hans Scharfenstein †
Mitglied der GGH
Als
im
Frühling
des
Jahres
1848
in
vielen
Ländern
Europas
wie
ein
Sturm
der
Ruf
nach
Freiheit
erklang
und
überall
Revolutionen
entstanden,
die
sich
gegen
die
herrschenden
Mißstände
richteten,
da
ging
dieser
Sturm
auch
nicht
spurlos
an
unserer
Heimatstadt
Bendorf
vorbei,
Daß
damals
hier
bei
uns
allerhand
los
war
und
es
an
Zündstoff
nicht
mangelte,
ist
fast
als
selbstverständlich
zu
betrachten,
da
es
an
Spannungen
und
Mißverhältnissen
aller
Art
gewiß nicht fehlte.
Grundrisse
der
Kirchen
von
Bendorf
bis
zur
Zerstörung
am
Sylvestertag
1944/45.
Links
die
evgel.
Kirche
(alte
St.-Medarduskirche),
Mitte
das
Reichardsmünster,
Rechts
die
neuerbaute kathl. St.-Medarduskirche"
B
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Industrieort
mit
vielen
Fabriken,
vergrößerte
sich
zunehmend.
Neben
vielen
damit
zusammenhängenden
ungelösten
sozialen
Problemen,
gab
es
unter
der
Bendorfer
Einwohnerschaft
immer
noch
Spannungen
über
den
jahrhundertealten
Streit
zwischen
Katholiken
und
Protestanten
wegen
der
Kirche
und
den
damit
verbundenen
noch
ungelösten
Fragen.
Obwohl
die
Katholiken
sich
ein
neues
Gotteshaus
erbaut
hatten
und
somit
der
Hauptgrund
des
bisherigen
langen
Streites
beseitigt
war,
gab
die
Glockenfrage
weiterhin
Anlaß
zu
Differenzen
und
führte
dadurch
nicht
zu
einer
endgültigen
Befriedung.
Während
nämlich
die
Protestanten
das
herrliche
Geläute
ganz
benützten,
durften
die
Katholiken
nach
wie
vor
nur
die
kleinste
Glocke
für
sich
in
Anspruch
nehmen.
Dieser
Zustand
änderte
sich
erst
am
26.
März
dieses
denkwürdigen
Jahres.
Offensichtlich
durch
die
allgemeine
Volkserhebung
überall
im
Lande
gegen
Willkür
und
Unrecht
mitgerissen
und
ermutigt,
handelten
die
Bendorfer
Katholiken
nun
entschlossen
um
ihr
Recht.
Drei
von
ihnen
stiegen
an
diesem
Tag
auf
den
Glockenturm
und
läuteten
mit
allen
Glocken
zum
katholischen
Gottesdienst,
ohne
vorher
die
evangelische
Gemeinde
um
Erlaubnis
gefragt
zu
haben.
Der
evangelische
Glöckner
versuchte
daraufhin,
mit
einigen
Männern
die
Katholiken
vom
Turm
zu
jagen.
Diese
wurden
aber
am
Eintritt
in
denselben
von
einem
jungen
Bendorfer
Gardesoldat,
der
in
Berlin
seiner
Militärpflicht
genügte
und
sich
zur
Zeit
in
Urlaub
befand,
daran
gehindert.
Der
Soldat
hielt
mit
gezogenem
Säbel
am
Eingang
zum
Glockenturm
Wache,
hinderte
jeden
mit
Gewalt
am
Eintritt
in
denselben
und
gab
ihn
erst
frei,
als
die
Drei
wieder
heil
aus
ihm
heraustraten.
Durch
dieses
Vorgehen
ermutigt,
drängte
die
katholische
Bevölkerung
auf
Erlangung
des
gleichen
Rechtes
auf
die
Glocken
wie
die
Protestanten.
Schon
am
nächsten
Tag
wurde
daraufhin
vom
Presbyterium
und
einige
Wochen
später
von
der
evangelischen
Gemeindevertretung
den
Katholiken
Bendorfs
endlich
das
gleiche
Recht
und
der
Gebrauch
aller
Glocken
gestattet.
Durch
die
weise
Einsicht
besonnener
Bürger
an
jahrelang
begangenem
Unrecht
wurde
dieses
Problem
friedlich
gelöst
und
die
gereizte
Stimmung
beseitigt.
Auch
von
anderen
Männern,
die
durch
Klugheit,
Witz
und
persönlichen
Mut
gefährliche
Situationen
hier
bei
uns
meisterten,
soll
nachstehend die Rede sein.
Überall
in
unserem
Städtchen
erhitzten
sich
damals
die
Gemüter,
ganz
besonders
auch
unter
der
Arbeiterschaft.
Denn
die
Unterschiede
zwischen
reich
und
arm
waren
in
jener
Zeit
unvorstellbar
und
das
Volk
wollte
einen
gerechten
Ausgleich.
Protestversammlungen
und
Unmutsaktionen
waren
an
der
Tagesordnung
und
solche
sind
uns
aus
Bendorf und Sayn verbürgt.
Bürgermeister
von
Bendorf
war
damals
Joh.
Philipp
Verwer,
und
der
hörte
eines
Tages,
wie
es
im
Vorzimmer,
in
dem
sein
Sekretär
arbeitete,
sehr
laut
und
turbulent
zuging.
Nach
der
Ursache
des
Lärms
fragend,
erwiderte
der
Sekretär:
"Der
Herr
S. will geteilt haben".
-"Jawohl"
rief
S.,
"mir
wolle
dähle!"
"Mir
wolle
Freiheit,
Gleichheit,
Bröderlichkeit"
und
mit
einem
Faustschlag
auf
das
Amtspult
bekräftigte
er
nachhaltig
seine
Forderung.
Dem
Munde
des
kräftigen
Mannes,
der
von
Beruf
Bergwerksschmied
auf
der
Grube
"Vierwinde"
war,
entströmte
dabei
ein
so
starker
Duft,
der
auf
eine
Anzahl
mutmachender
Weinschoppen
schließen
ließ.
Bürgermeister
Verwer,
der
den
Mann
gut
kannte
und
der
ohne
Alkohol
ein
harmloser,
gutmütiger
Bürger
war,
erwiderte
ihm:
"Das
kann
gemacht
werden
Meister
S.,
wenn
die
anderen
Bürger
sich
auch
gemeldet
haben,
werde
ich
das
Weitere
veranlassen."
-
Dieser
nickte
daraufhin
knurrend
Zustimmung
und
verließ
dann
schwankend
das
Amtszimmer,
nicht
ohne
die
wiederholten
Rufe:
"Freiheit, Gleichheit, Bröderlichkeit!"
Die
Sayner
Hütte,
damals
in
preußischem
Staatsbesitz
und
in
der
Blüte
ihres
Wirkens,
war
dadurch
das
Ziel
heftiger
Agitation.
Als
eines
Tages
die
Revolutionäre
eine
Versammlung
in
der
großen
Gießhalle
einberufen
hatten,
erschien
viel
Volk
aus
der
Umgebung,
um
den
Rednern
zuzuhören.
Nachdem
zunächst
heftig
auf
den
Staat
und
die
Regierung
geschimpft
worden
war,
begannen
einige
Hitzköpfe
auch
die
Direktion
der
Sayner
Hütte
zu
verunglimpfen.
Auf
diesen
Augenblick
hatte
ein
der
Hüttenleitung
und
dem
König
treu
ergebener
Schmelzmeister
mit
seinen
beiden
Söhnen
gewartet
um
einschreiten
zu
können.
Dieser
treue
Angestellte
namens
Joh.
Wilh.
Braubach
war
zu
damaliger
Zeit
der
stärkste
Mann
weit
und
breit.
Derselbe
trat
entschlossen
vor
die
erregte
Menge
und
forderte
sie
auf,
die
Gießhalle,
in
der
er
zu
sagen
habe,
sofort
zu
verlassen.
Da
die
meisten
keine
Anstalten
machten
die
vollbesetzte
Halle
zu
verlassen
und
manche
sogar
eine
drohende
Haltung
gegen
denselben
einnahmen,
ging
Braubach
mit
seinen
2
Söhnen
mit
glühenden
Eisenstangen
gegen
die
Menge
vor.
Nachdem
einige
der
Aufsässigen
sich
bei
dem
Versuch,
den
Dreien
die
Eisen
zu
entreißen,
gehörig
die
Finger
verbrannt
hatten,
räumte
das
erschreckte
Volk
schleunigst das Feld seiner Niederlage.
Der
Besonnenheit
vieler
Bürger
ist
es
letztlich
zu
verdanken,
daß
es
in
Bendorf
damals
nicht
zu
Zusammenstößen
und
Kämpfen
untereinander
gekommen
ist.
Außer
Schlägereien
zwischen
stadtbekannten
Rüpeln
und
einer
hier
und
da
eingeworfenen
Fensterscheibe
bei
einem
unliebsamen
Kontrahenten
soll
es
nicht
weiter
gekommen
sein.
Neben
diesen
Erscheinungen
machte
sich
die
revolutionäre
Gesinnung
bei
den
meisten
Einwohnern
durch
Räsonieren,
Schimpfen
und
Verspotten
des
herrschenden
Regenten
und
seiner
Minister
lauthals
Luft.
Bei
anderen
war
das
Revoltieren
wieder
mehr
eine
Modekrankheit
als
innere
Überzeugung.
Auf
dem
Marktplatz
hatte
man
sogar
einen
Galgen
errichtet,
an
dem
symbolisch
die
"Herrschenden",
als
Puppen
dargestellt
aufgehängt
waren.
Das
Absingen
von
Spottliedern
war
an
der
Tagesordnung
und
eins
der
bekanntesten
handelte
von
dem
Attentat
auf
König
Friedrich
Wilhelm
IV.
durch
den
märkischen
Bürgermeister
Tschesch
im
Jahre
1844.
Diese
Verse
gingen
auch
in
Bendorf
von
Mund
zu
Mund
und
lauteten etwa so:
"Keiner war so keck und frech
als der Bürgermeister Tschesch,
denn er schoß mit frevlem Mut
unserm König durch den Hut
und der guten Landesmutter
durch das seid'ne Reifrockfutter."
Wesentlich
derber
und
unanständiger
waren
damals
die
Spottgedichte
über
den
Prinzen
Wilhelm,
den
späteren
Kaiser,
dem
die
Berliner
den
Namen
Kartätschenprinz
anhingen,
weil
er
mit
Artillerie
in
die
demonstrierende
Volksmenge
schießen
ließ.
Die
allgemeine
Aufsässigkeit
und
Hysterie
wurde
immer
wieder
geschürt,
trotz
Ordnungsorganen
die
vorhanden
waren.
So
gab
es
in
Bendorf
damals
auch
eine
Bürgerwehr,
also
eine
Art
Miliz,
die
ihr
Wachlokal
im
ehemaligen
Haus
Creutz
in
der
Hauptstraße hatte.
Diese,
wie
auch
die
Schützenvereine,
sonst
dem
König
treu
ergeben,
standen
damals
den
Freiheitstendenzen
nicht
fern
und
nahmen
an
der
überall
herrschenden
Begeisterung
offen
Anteil,
Als
die
Bendorfer
Schützen
im
August
1848
in
Ehrenbreitstein
an
einem
großen
Verbrüderungsfest
teilnahmen,
erregten
diese
durch
eine
mutige
Aktion
großes
Aufsehen
und
allgemeine
Anerkennung.
Der
Wirt
des
Lokals,
bei
dem
sie
einkehren
wollten,
war
vermutlich
ein
Königstreuer
und
hatte
es
nicht
für
nötig
erachtet,
sein
Haus
als
eines
der
wenigen
zu
schmücken,
Die
Bendorfer
Schützen
beschlossen,
bei
einem
Wirt,
der
aus
Anlaß
einer
solchen
Festlichkeit
nicht
mal
eine
Fahne
aufzog,
nicht
einzukehren,
machten kehrt und zogen wieder ab.
Da
es
in
Bendorf
gar
keine
Ruhe
geben
wollte
und
es
immer
wieder
zu
Putschen
kam,
sah
sich
die
Regierung
in
Koblenz
gezwungen,
Militär
nach
hier
zu
verlegen,
um
die
Bewegung
einzudämmen.
Fast
ein
Jahr
lang
haben
einige
Kompanien
der
8.
Jäger
damals
hier
gelegen,
und
damit
wurde
Bendorf,
das
Militär
in
seinen
Mauern
beherbergte,
jetzt
sogar
von
eigenen
Truppen
besetzt.
Die
Soldaten
hatten
aber
zur
Bendorfer
Bevölkerung
ein
gutes
Einvernehmen,
und
viele
von
ihnen
heirateten
Bendorfer
Mädchen
und
auch
Offiziere
haben
das
getan.
Zwei
Leutnants;
Schulz
und
Müller
mit
Namen,
holten
sich
ihre
Frauen
aus
der
Familie
Remy.
Beide
wurden
später
Generäle
und
blieben
bis
an
ihr Lebensende mit Bendorf verbunden.
In
der
ehemaligen
Remyschen
"Oberen
Eisen-Hütte"
im
Mühlental
fanden
damals
im
großen
Holzkohlenschuppen,
heute
im
Besitz
der
Schreinerei
Kettemer,
viele
Festlichkeiten
der
Jäger
statt.
Mit
ihrer
Regimentsmusik
spielten
sie
oft
zum
Tanz
auf,
und
manches
Bendorfer
Mädchen
soll
dabei
seine
Schuhsohlen durchgetanzt haben.
Die
Erinnerung
an
diese
Begebenheiten
blieb
bei
allen,
die
sie
miterlebt
haben,
bis
ins
hohe
Alter
haften.
Das
Leben
in
Bendorf
aber
ging,
trotz
Revolution,
stetig
weiter,
und
nach
wie
vor
gab
es
Neugründungen
von
Geschäften,
Gewerbebetrieben
und
anderen Verdienstmöglichkeiten.
Plan
der
Erlenmeyer'schen
Anstalten
um
1867, aus einer Werbeschrift
In
dieses
Jahr
fiel
auch
die
Gründung
eines
Unternehmens,
das
den
Namen
Bendorfs
im
In-
und
Ausland
bekannt
machen
sollte.
Dr.
Adolf
Albrecht
Erlenmeyer
eröffnete
am
1.
Juli
nämlich
eine
Privatnervenheilanstalt
und
etablierte
diese
in
den
Räumen
des
heutigen
Textilhauses
Prüm
in
der
Hauptstraße.
Durch
Neugründungen
im
"Andorf",
in
der
"Rheinau"
und
auf
der
"Eichhell"
wurden
dieselben weltbekannt.
In
Sayn
wurde
1848
auch
mit
dem
Bau
des
Schlosses
begonnen,
welches
Fürst
Ludwig
von
Sayn-Wittgenstein,
der
aus
Rußland
zurückgekehrt
war,
sich
erbauen
ließ
und
bei
dem
viele
Arbeiter
und
Handwerker
lohnenden Verdienst fanden.
Wenn
die
Revolution
von
1848
politisch
zwar
erfolglos
verlaufen
war,
so
hatte
sie
doch
in
einem
unerhörten
Ausmaß
das
deutsche
Volk
wachgerufen,
seine
Kräfte
aktiviert
und
den
Freiheitswillen
dokumentiert.
Die
Opfer
waren darum nicht vergeblich gewesen.
Auch
in
Bendorf
wurde
das
spürbar
und
deutlich
merkbar
besserte
sich
manches
in
der
Zukunft.
Und
so
kann
man
mit
der
Feststellung
schließen,
daß
das
Revolutionsjahr
1848
ein
bemerkenswertes
Jahr in der Geschichte Bendorfs war.
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